ifo Standpunkt Nr. 2 Werbeverbote

Autor/en
Hans-Werner Sinn
München, 26.10.1999

Werbung ist das Lebenselixier der Marktwirtschaft. Erst die Werbung macht Produkte vergleichbar und erzeugt den für die Marktwirtschaft nötigen Wettbewerb. Werbung reduziert die Such- und Informationskosten auf seiten der Konsumenten und regt die Firmen an, in die Qualität ihrer Produkte zu investieren, weil sie den Qualitätszuwachs ihren Kunden mitteilen und sich dafür bezahlen lassen können. Auch scheinbar aussagelose Werbung kann informativ sein, denn Werbung lohnt sich nur für Firmen, die qualitativ hochwertige Produkte anbieten und als Folge der Anwerbung von Erstkäufern auf häufige Wiederholungskäufe rechnen können.

Es gibt freilich auch aufdringliche Werbung, der man nur unter Mühen entgehen kann, und irreführende Werbung, die Produkteigenschaften suggeriert, die in Wahrheit nicht vorhanden sind. Suchtfördernde Werbung, die angeblich auf Erwachsene zielt, doch tatsächlich Jugendliche und Kinder anspricht, kann den Erziehungszielen der Eltern widersprechen, ohne daß diese über realistische Möglichkeiten verfügen, die Rezeption der Werbung zu verhindern. Zur Verminderung der Gefahr irreführender Werbung sollte die Möglichkeit der vergleichenden Werbung weiter ausgebaut und an amerikanische Regeln angepaßt werden. Aufdringliche Werbung wie Fax-, E-Mail-, Lautsprecher- und Autobahnwerbung ist zu verbieten. Gesundheits- und jugendgefährdende Werbung sollte eingeschränkt werden, wobei vieles für ein vollständiges Verbot der Tabakwerbung spricht, wie es auf EU-Ebene geplant ist. Ein Querschnittsvergleich unter OECD-Ländern zeigt, daß ein vollständiges Werbeverbot für Tabak zu einer Verbrauchsreduktion von etwa 7 % führen kann. Dem allgemein zugänglichen Privatfernsehen sollte das Werbegeschäft mit der Enttabuisierung von Sex und Gewalt erschwert werden. Das Pay TV, vor dessen Konsum eine von den Eltern kontrollierte Kaufentscheidung steht, ist der geeignete Ort für bedenkliche Sendungen.

Ansonsten sind Werbeverbote im Interesse eines freien Spiels der Marktkräfte grundsätzlich abzulehnen. Nur in interessenfrei begründbaren Ausnahmefällen sind sie zu erwägen. Das standespolitisch motivierte Werbeverbot für die freien Berufe (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten etc.), das auch der Einschränkung des gegenseitigen Wettbewerbs dient, läßt sich nicht interessenfrei begründen. Es sollte abgeschafft werden.

Hans-Werner Sinn
Präsident des ifo Instituts