Knut Borchardt starb am 5. Februar 2023 im Alter von 93 Jahren. Nach einer aufgewühlten Jugend, die ihn nach dem Krieg zur Schauspielerei bei Bertold Brecht trieb, studierte er erst BWL und ann VWL, wo er auch promoviert wurde und sich habilitierte. Seine erste Stelle fand er an der Universität Mannheim. Während der Studentenrevolte wurde er dort sogar Dekan, Rektor und Wirtschaftskommissar. Im Jahr 1969 entzog er sich den Wirren, indem er einen Ruf an die LMU München annahm, wo er sich wieder in die Forschung vertiefte und Wirtschaftsgeschichte lehrte.
Borchardt hinterlässt ein großes Oevre, das von der Globalisierung bis hin zur Weimarer Republik reicht. Über die Grenzen seines Faches hinaus wurde er vor allem durch eine umfangreiche Kontroverse zur Brüning'schen Austeritätspolitik bekannt, die er mit einem Vortrag in der BAdW begann und mit einer Vielzahl von Beiträgen fortsetzte. Er nahm den Reichskanzler gegen die Vorwürfe keynesianisch orientierter Ökonomen in Schutz, die eine Lösung der Wirtschaftskrise in der Schuldenpolitik statt in der Austeritätspolitik sahen.
Knut Borchardt war bis zu seinem Tode Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und diente auch dem ifo Institut in verschiedenen Funktionen. Ihm wurden Ehrendoktorwürden der Universitäten Innsbruck und Mannheim verliehen. Er ist Träger des Bayerischen Maximiliansordens, des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse und des Leibniz-Preises der DFG, seit 1974 war er ordentliches Mitglied der BAdW. In der Akademie hat er sich durch seine aktive Beteiligung an der Max Weber-Gesamtausgabe große Verdienste erworben. Eine umfangreiche Schar an akademischen Schülern trägt die Fackel der deutschen Historischen Schule weiter, die sie von Knut Borchardt übernahm.