Die deutsche Wirtschaft hängt an der Automobilindustrie. Doch die Branche muss sich einem schmerzhaften Wandel unterziehen. Der Ökonom Hans-Werner Sinn betrachtet das mit Sorge - zumal die Politik aus seiner Sicht mit ihrer Regulierung den Druck verschärft.
- Sinn sieht enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft im Falle eines Wegbrechens von Teilen der Autoindustrie
- Für den Klimaschutz brauche es keine Verbote
- Noch mehr Richtlinien und Vorschriften beim Kauf eines Verbrenners würden die Autoindustrie verstören.
- Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen von 130 km/h lehnt Sinn als nicht zielführend ab
"Die Autoindustrie ist die Schlüsselindustrie für das verarbeitende Gewerbe. Es ist eine Art glühender Kern, um den sich alles rankt und an dem der Rest der Wirtschaft, der gesamte Dienstleistungssektor und auch der Staat sich quasi erwärmt" , sagt Hans-Werner Sinn im Interview mit dem Präsidenten des Automobilclubs "Mobil in Deutschland", Michael Haberland.
Eine Million Arbeitsplätze betroffen
Wenn Teile dieser Industrie wegbrechen würden, hätte das massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. In Deutschland hinge viel von der Autoindustrie ab, so Sinn. Mehr als eine Million Arbeitsplätze wären betroffen. Speziell in der metallverarbeitenden Industrie ist Deutschland stark. Der Wirtschaftsforscher betont gegenüber "Mobil in Deutschland": "Da gibt es Legierungen mit speziellen Eigenschaften, die keiner nachbauen kann. Das war und ist eine deutsche Domäne, die im Moment geschleift wird. Durch den Hang zum Elektroauto, der nicht von den Verbrauchern ausgeht, sondern von der Politik oktroyiert ist."
"Vollkommen verfehlt, moralisierend zu argumentieren"
Auf die Frage, was die Autobranche lernen müsse, gibt Sinn einen klaren Tenor an: "Die Autoindustrie ist in die Falle getappt, die die amerikanische Umweltbehörde ihr gestellt hat. Nur was hat diese moralische Verwerfung mit der Industriestruktur und der zukünftigen Entwicklung unseres Landes zu tun? Gar nichts. Es ist vollkommen verfehlt, hier moralisierend zu argumentieren, wenn es um Millionen von Arbeitsplätzen geht."
Fliegen verbieten, Fleisch verbieten, Autos abschaffen?
Laut Sinn sei es wichtig, dass die Menschen im Hinblick auf Vorschläge der Regierung weiterhin frei entscheiden können. Der Mensch möge nun einmal keine Vorschriften. Um das Umweltthema zu lösen, brauche es eine entsprechende Politik: "Emissionshandel mit einem einheitlichen CO2-Preis, bei dem jeder sich anstrengen könnte, seine Emissionen zu reduzieren. Aber dieses Oktroyieren von Verhaltensweisen ist doch hirnrissig. Das ist eine Gesinnungsdiktatur, die nicht sachdienlich ist und durch das Problem nicht gerechtfertigt wird. Dadurch entsteht ein neuer zentralplanerischer Sozialismus. Manchmal gebären sich die Grünen tatsächlich so, als wären sie Sozialisten, nur mit einem grünen Anstrich", so der Ökonom im Interview mit Michael Haberland.
Und wie steht es um die Zukunft des deutschen Automobils? Schlecht. Sagt zumindest Hans-Werner Sinn. Seiner Meinung nach werde die deutsche Automobilindustrie gerade ruiniert und somit auch einer großer Teil der deutschen Wirtschaft.
Tempolimit? Wenn, dann mehr als 130 km/h
"Ein Tempolimit von 130 km/h, das finde ich nicht in Ordnung." Wenn schon Tempolimit, dann müsse man es ziemlich hoch legen. Wenn das Tempolimit weiter diskutiert werde, werden einem das Auto fahren so lange schlecht geredet werden, bis es keinen Spaß mehr macht. Das könne es ja auch nicht sein, plädiert Sinn.
Sinn schreibt den Autobossen ins Stammbuch: "Passt Euch nicht nur an. Gewinnmaximierung ist nicht genug, Ihr habt auch eine gesellschaftliche Verantwortung, um diesen Diskurs, über das, was die Politik macht, mitzugestalten. Es laufen mir viel zu viele Bosse dem Trend hinterher und versuchen jetzt mit den Grünen und Co. anzubandeln, damit sie in der neuen grünen Welt ihr Geschäft machen."
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