Der scheidende Ifo-Präsident fasst in einer deutschen Neuauflage seine Sorge um den Euro zusammen.
Seit 2010 sind der Euro und seine Krise für Hans-Werner Sinn ein Lebensthema geworden. Zum Abschied aus dem Präsidentenamt beim Ifo-Institut will der streitbare Ökonom jetzt "das Wissen, was im Ifo in dieser Krise entstanden ist, zusammentragen", beginnt der 67-Jährige am Dienstag in Berlin die Vorstellung seines Buchs "Der Euro - Von der Friedensidee zum Zankapfel". Natürlich geht es Sinn nicht nur um abstraktes Wissen, sondern mehr noch um die Konsequenzen, die Regierungen daraus ziehen sollten, nämlich: "eine Art Resetknopf zu drücken", sagt Sinn.
Konkret will er, dass die Euro-Regierungen einen großen Schuldenschnitt aushandeln: Alle Länder, die den Schuldenerlass bekommen, sollen dann abwerten - am besten außerhalb der Währungsunion. Danach könnten sie wieder beitreten, und Europa könnte sich als Staatenbund neu organisieren. Das Ziel: ein Gebilde wie die Schweiz, aber mit "atmender Währung", aus der Staaten ein- und austreten können.
Die meisten der 501 Buchseiten sind eine Übersetzung seines 2014 auf Englisch erschienenen wissenschaftlichen Werks "Die Euro-Falle", ergänzt um die Entwicklungen bis Ende August. Da das Buch ins Chinesische und Koreanische übersetzt werde, "sollte es doch auch auf Deutsch erscheinen", findet Sinn.
Der Euro wäre nach seinem Vorschlag künftig ein lockererer Verbund als die ihn vorbereitende Währungsschlange. Dass beim Fall eines Landes aus dem Euro die Märkte sofort gegen weitere Länder spekulieren und sie herausdrängen würden, findet Sinn nicht schlimm: Darauf könne sich jedes Land mit solider Haushaltspolitik vorbereiten, ist er überzeugt - obwohl etwa Spanien trotz geringer Staatsverschuldung in die Krise gerutscht war. Sinn ist konsequent: Die sozialen Verwerfungen müssten die Südeuropäer ertragen wie eine bittere Medizin. Die Rettungspolitik Merkels dagegen hält er für gescheitert - trotz Besserung in allen Krisenstaaten außer Griechenland.
"Es gibt auch Griechen, die aus dem Euro rauswollen", lobt Sinn den gescheiterten Finanzminister Yannis Varoufakis. Mit ihm will er am 28. Oktober in München über Europas Zukunft diskutieren. Und wenn auch dort die Flüchtlingskrise im Vordergrund steht, weiß Sinn auch für sie eine Lösung: Eine europäische Armee müsse die EU-Außengrenzen schützen. Hereingelassen werden solle nur, wer hier Arbeit finden kann.