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6. Wachstums-These von ifo-Chef Sinn
Mehr Kinder, mehr Rente, mehr Fortschritt: "Wegen der demografischen Krise muss das ökonomische Motiv, Kinder in die Welt zu setzen, gestärkt werden. Bis zu einem Maximum von drei Kindern bekommt man pro Kind eine Zusatzrente. Wer weniger als drei Kinder großzieht, muss einen Sparvertrag für die Riester-Rente abzuschließen."
Die Gegenthese von Rudolf Hickel
Mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Der Vorschlag, mit einer Zwangsabgabe den Geburtenrückgang einzudämmen und die Finanzierung der Rente zu sichern, ignoriert die wirklichen Belastungen von Familien. Familie und Beruf müssen in Zukunft besser zu vereinbaren sein. Es muss mehr Kindergartenplätze und betreuende Ganztagesschulen geben. Die Bedingungen für einkommensschwache Alleinerziehende müssen verbessert werden.
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Antwort von ifo-Chef Sinn
Wir haben zu wenig Kinder, und deshalb wird die gesetzliche Rente in dreißig Jahren nicht mehr reichen. Sie wird in Relation zu den Löhnen im Durchschnitt nur noch halb so hoch sein wie heute und nicht einmal das Sozialhilfeniveau erreichen. Deshalb muss man aufstocken. Wer heute Kinder großzieht, soll später eine zusätzliche umlagefinanzierte Rente erhalten, eine „Kinderrente“. Wer keine Kinder hat, muss das Geld, das er nicht für die Kindererziehung braucht, zum Riestersparen verwenden, um seine Rente auf diese Weise aufzustocken. So leistet jeder einen fairen Beitrag zur Rentenaufbesserung. Da sich die Pflicht-Ersparnis mit jedem Kind, das geboren wird, verringert, haben die jungen Familien den Liquiditätsvorteil, wenn sie ihn brauchen, und sie wagen es dann auch wieder eher, sich für Kinder zu entscheiden. Nur mit neuen Kindern kehren Fortschritt und Dynamik in unser Land zurück.
Replik von Rudolf Hickel
In der Tat, wir haben zu wenige Kinder. Und dieser Trend wird sich fortsetzen. Niemand kann etwas dagegen haben, Familien mit Kindern einen Ausgleich für Mehrbelastungen zu geben. Dies wurde bisher über die Steuerpolitik organisiert. Der Vorschlag von Sinn, Kinderlose sollten im Ausmaß der eingesparten Kosten für Kinder einen Teil der Rente der Familien mit Kindern finanzieren, ist jedoch nicht unbedingt gerecht. Doch es ist Vorsicht geboten bei der Suche nach den Ursachen für die teilweise ja auch ungewollte Kinderlosigkeit: Es ist besser, über das Steuersystem die Allgemeinheit am Ausgleich für Zusatzlasten von Familien mit Kindern zu beteiligen. Dabei wird auch übersehen, dass es flächendeckend vieler Einrichtungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedarf. Mehr Rente nützt den Familien nichts, wenn die Eltern die massive Herausforderung durch Kinder und Beruf nicht bewältigen können.
Abschließende Stellungnahme von Hans-Werner Sinn
Es kann nicht die Rede davon sein, dass Kinderlose einen Teil der Rente der Familien mit Kindern finanzieren sollen. Das ist eine absurde Verdrehung meines Vorschlags. Der Kern des Vorschlags ist, dass Kinderlose einen Teil ihrer Rente selbst finanzieren sollen und nur noch teilweise von den Kindern anderer Leute finanziert werden, wenn sie alt sind. Der Vollkaskoschutz gegen Kinderlosigkeit, den die Rentenversicherung bislang geboten hat, soll zurück genommen werden. Ich übersehe nicht, dass junge Familien entlastet werden müssen, wenn sie ihre Kinder großziehen. Genau deshalb soll ja die Pflicht zum Riestersparen entfallen, wenn man Kinder in die Welt setzt. Dann steht das Geld, das sonst zur Rentensicherung am Kapitalmarkt hätte angelegt werden müssen, den Eltern zur Verfügung, wenn sie es brauchen.
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