Gemeinschaftswährung auf Vier-Jahres-Hoch - Schwacher Dollar belastet Exporteure
cs/pbs/rp DÜSSELDORF. Die deutsche Wirtschaft muss sich auf einen dauerhaften Anstieg des Euros einstellen. Die Gemeinschaftswährung erreichte gestern mit knapp 1,13 Dollar erneut ein Vier-Jahres-Hoch. Bis Jahresende rechnen Experten sogar mit Kursen von 1,20 Dollar.
Schon zeigt die Euro-Stärke Wirkung. Die deutsche Industrie befürchtet zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren Einbußen beim Export, ermittelte das Münchener Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. Die deutschen Forschungsinstitute rechnen in ihrer Gemeinschaftsdiagnose noch mit einem moderaten Wachstum der Exporte, unterstellen dabei allerdings einen Euro-Kurs von 1,08 Dollar bis Jahresende. "Sollte ein Euro tatsächlich 1,20 US-Dollar kosten, hätte das sicherlich negative Auswirkungen auf die Exporte", sagt Joachim Scheide vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Das Wachstum würde bei einer Euro-Aufwertung um 10 % um 0,1 Prozentpunkte niedriger ausfallen.
Nicht alle leiden unter der Wechselkursverschiebung. So wächst Deutschlands größter Handelskonzern Metro mitten in der Konsumflaute erstmals seit langem schneller im Inland als jenseits der Grenze. Weil Metro einen Großteil seiner Ware außerhalb der Euro-Zone beschafft - allein im währungsschwachen China ordert das Handelshaus jährlich Ware im Wert von einer Mrd. Euro -, ist der Rohertrag zuletzt beträchtlich gestiegen. Sämtliche Vertriebsschienen verbesserten im vergangenen Quartal ihr operatives Ergebnis.
Auch der Sportartikelhersteller Adidas-Salomon erwartet trotz eines umrechnungsbedingten Umsatzeinbruchs Rückenwind durch den schwachen Dollar. Der hinter Nike weltweit zweitgrößte Sportartikelhersteller produziert und kauft rund 90 % seiner Waren in Asien und rechnet dort in Dollar ab. In den USA selbst erzielt er 30 % der Umsätze, 60% dagegen in Europa. .Bei Puma fällt das Verhältnis sogar noch positiver aus.
Nach Meinung des Commerzbank-Analysten Jürgen Elfers handelt es sich aber womöglich nur um ein Strohfeuer. Weil ein teurer Euro die deutsche Exportwirtschaft gefährdet, könnte der damit verbundene Anstieg der Arbeitslosigkeit das Konsumklima weiter belasten.
Die Furcht ist nicht unbegründet. Selbst europäische Pharmakonzerne wie Aventis spüren infolge der Dollarschwäche Umsatzeinbußen - ein Wort, das die erfolgsverwöhnte Branche lange Zeit nicht kannte. Mit Sorgen beobachtet auch der Getriebehersteller ZF Friedrichshafen AG den fallenden Dollar. "Eine Dollarparität zum Euro wäre für uns eine Parität, mit der wir gut zurechtkommen würden", sagt ZF Chef Siegried Goll.
Bislang schaffen es die meisten Firmen, die Auswirkungen auf die Gewinne gering zu halten, indem sie sich mit Geschäften am Devisenmarkt gegen starke Kursschwankungen absichern. Dass dies aber vielfach schon jetzt nicht vollständig gelingt, zeigt Schering: Der Berliner Pharmakonzern verbuchte im ersten Quartal einen leicht gesunkenen Betriebsgewinn. Der Sportwagenhersteller Porsche, der fast jedes zweite Auto in Nordamerika verkauft, hat das Währungskursrisiko für die nächsten drei Jahre zu 100 % abgesichert. Auch BMW ist weitgehend gegen Euro-Schwankungen gefeit. Dagegen verliert Volkswagen mit jedem Cent, den der Euro steigt, nach Berechnungen von HypoVereinsbank-Analyst Albrecht Denninghoff 38 Mill. Euro beim Vorsteuerergebnis.
Doch selbst eine Absicherung bedeutet für die meisten Konzerne keine absolute Risikofreiheit. Rolf Elgeti, Chefstratege der Commerzbank für Europa in London, warnt: "Netto bleibt etwas Negatives übrig."