Hans-Werner Sinn mit Flach-Preis ausgezeichnet - Ökonom kritisiert Russland-Politik
Eigentlich hätte der langjährige Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, bereits vor zwei Jahren mit dem Karl-Hermann-Flach-Preis ausgezeichnet werden sollen. Zweimal musste der Festakt aber verschoben werden, jetzt, nach zwei Jahren Corona-Zwangspause, hat es endlich geklappt: Am Montag konnte Sinn den mit 5.000 Euro dotierten Preis im Rahmen einer Feierstunde vor Gästen aus Politik, Wirtschaft und Publizistik im Chalet am Römerbrunnen in Bad Homburg entgegennehmen.
Dr. Frank Blechschmidt, Vorstandsvorsitzender der nach dem ersten Generalsekretär der FDP, Karl-Hermann Flach, benannten Stiftung, sagte bei der Verleihung: "Hans-Werner Sinn ist ein außergewöhnlicher Wissenschaftler, der auch mit unbequemen Argumenten im besten Sinne einer positiven Debattenkultur nie hinter dem Berg gehalten hat." Sinn überzeuge durch seinen Pragmatismus und seinen immerwährenden Einsatz für die Freiheit, aber auch durch seine Fähigkeit, selbst komplizierte volkswirtschaftliche Zusammenhänge und Theorien auch für den Laien verständlich zu machen.
Sinn sei als Ökonom eine wichtige mahnende Stimme in der öffentlichen Debatte, so Blechschmidt. Es sei der Stiftung Ehre und Verpflichtung zugleich, Sinn in dieser Form für sein herausragendes wissenschaftliches, als Journalist und Buchautor aber auch publizistisches Lebenswerk auszuzeichnen. Der Geehrte werde damit dem Engagement des Namensgebers der Stiftung, der bis zum Eintritt in sein politisches Leben als FDP-Generalsekretär unter Walter Scheel stellvertretender Chefredakteur der Frankfurter Rundschau war, in vollem Umfang gerecht.
Wichtige Stimme in der Debatte
"Gezielt und analytisch brillant hat sich Sinn stets in gesellschaftlich relevante Diskussionen eingebracht und meisterhaft Brücken zwischen Wissenschaft und öffentlichem Diskurs gebaut, im immerwährenden Einsatz für die Freiheit", begründete Blechschmidt die Ehrung für Hans-Werner Sinn.
In seiner Laudatio würdigte der Frankfurter Wirtschaftsjournalist und Flach-Preisträger von 2013, Dr. Rainer Hank, Sinn als "einen Public Intellectual", der es verstehe, die Themen zuzuspitzen. Mit seiner Spürnase für "Aktualiät und Relevanz" sei er seiner Zeit oft auch als Mahner und Warner, nie als Prophet, ein Stück voraus.
Stets habe er sich prominent in die öffentliche Debatte eingemischt. Seine publizistische Umtriebigkeit verstehe er als Bringschuld des Ökonomen gegenüber der Gesellschaft. Die Bücher, die er fast im Jahrestakt veröffentliche, seien im Sinn'schen Sinn "medizinische Bücher", die Diagnosen lieferten und auch Therapien.
Dem wurde Sinn auch in seiner Dankesrede gerecht. Deutschland gehe schwierigen Zeiten entgegen, sagte er. Steigenden Energiepreisen stehe ein Rückgang der Arbeitsbevölkerung entgegen, eine Gemengelage, die ihn um den Erhalt und die Weiterentwicklung des Wohlstands fürchten lasse.
Sinn kritisierte den "kurzsichtigen Grundansatz der deutschen Energiepolitik", die mit dem Doppelausstieg aus Kohle und Kernkraft eine gefährliche Abhängigkeit von Russland geschaffen habe. Auf den wetterabhängigen Wind- und Sonnenstrom zu setzen, habe zwingend den Bau neuer Gaskraftwerke impliziert, um in den vielen Dunkelflauten die Stromversorgung des Landes zu sichern. Dieses Modell sei jedoch krachend an Putin gescheitert.
Nur mit Hilfe eine Rückbesinnung auf die Kernkraft als einzige regelbare und CO2-freie Stromquelle könne Deutschland sich aus der Falle befreien, in die es sich und die EU bugsiert habe.
Der Preis wurde zuletzt 2017 an den britischen Historiker und Publizisten Timothy Garton Ash vergeben, 2015 an die Osteuropa-Korrespondentin Sabine Adler (Deutschlandfunk), 2013 an den Wirtschaftsjournalisten Rainer Hank (F.A.S.), 2012 an die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld, und 2010 an den Kolumnisten Jan Fleischhauer (FOCUS).