Anlässlich des Bayerischen Wirtschaftstages 2003 wurde zum dritten Mal der Ehrenpreis des Wirtschaftsbeirates der Union e.V. verliehen. Nach Dr. Otto Wiesheu und Alois Glück wird der Preis in diesem Jahr an Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, verliehen. Prof. Dr. Wilhelm Simson würdigt in seiner Rede die Verdienste von Prof. Sinn.
In seiner Rede zur wirtschaftlichen Lage Deutschlands stellt Prof. Sinn die langfristigen, strukturellen Probleme des Landes in den Vordergrund, die sich in einer dramatischen Verschlechterung der Wettbewerbslage der deutschen Wirtschaft niederschlagen. Er betont die Notwendigkeit, das Wachstum durch eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes wieder anzukurbeln und sieht keinen Spielraum für nachfragestimulierende Maßnahmen. Seine Haupt-Forderungen umschließen eine Reform des Tarifrechts, eine Reform des Kündigungsrechts und ein Änderung des Sozial- und Arbeitslosenhilfesystems.
Beim Tarifrecht fordert Prof. Sinn für die Betriebe die Möglichkeit, die Flächentarifverträge auf betrieblicher Ebene zu unterlaufen, wenn Belegschaft und Betriebsleitung dies wollen.
Dies ist angesichts der Rekordhöhe der Unternehmenspleiten als Sofortmaßnahme erforderlich, um den Verlust weiterer Arbeitplätze durch Konkurse zu verhindern.
Arbeitsverträge sollen in Zukunft nicht mehr mit einem fortwährenden Kündigungsschutz ausgestattet werden. Jedes Arbeitsverhältnis muss so geartet sein, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer mit ihm zufrieden sind. Das kann nur gewährleistet werden, wenn jede Partei die Möglichkeit hat, sich von der anderen zu trennen.
Sein hauptsächliches Augenmerk richtet der Laureat auf die Neugestaltung des Sozialstaates, der sich mit seiner Lohnersatzpolitik als Konkurrent der privaten Wirtschaft gebärdet. Prof. Sinn berichtet über den ifo-Vorschlag der aktivierenden Sozialhilfe, der vom Sachverständigenrat zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und vom wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit übernommen wurde. Kernelemente dieses Vorschlages sind der Ersatz der Arbeitslosenhilfe durch die Sozialhilfe, die Absenkung der Sozialhilfe, die man ohne Arbeit erhält, um etwa ein Drittel, die Gewährung einer vollen Hinzuverdienstmöglichkeit bis zu 400 Euro sowie die Gewährung einer Lohnsteuergutschrift für Geringverdiener. Diese Elemente beseitigen die Lohnuntergrenze, die derzeit von der Arbeits- und Sozialhilfe gezogen wird, schaffen auf dem Wege der Lohnsenkung langfristig über zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze und verbessern den Zielerreichungsgrad der Sozialpolitik, weil der Lebensstandard der ehemaligen Sozialhilfeempfänger, die nun einen Arbeitslohn und zusätzlich staatliche Leistungen erhalten, erhöht wird. Der Vorschlag ist mit einer Kosteneinsparung von ca. 6 Mrd. Euro für den Staat verbunden.