Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner Ifo-Instituts und Professor für Nationalökonomie in München:
"Seit dem 11. September ist die Wirtschaft in eine tiefe Krise geraten. Ein Ende ist nicht in Sicht, fast täglich kommen neue negative Meldungen. Der Notfall ist eingetreten. In dieser Situation muss des Kanzlers ruhige Hand zupacken. Finanzminister Eichel muss seinen Sparkurs vorübergehend aufgeben.
Das heißt zunächst: Steuerausfälle und die höheren Ausgaben für Arbeitslose dürfen auf keinen Fall durch weitere Kürzungen im Etat ausgeglichen werden. Das würde die Krise noch verschärfen.
Stattdessen muss der Staat neue Schulden aufnehmen. Die Nettoneuverschuldung wird dann um diesen Betrag höher, aber das ist kein Problem, denn auch dann wird Deutschland deutlich unter der Grenze von 3,0 Prozent des Sozialprodukts liegen, die der Stabilitätspakt vorschreibt.
Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben der Bundesregierung auch empfohlen, die nächste Stufe der Steuerreform von 2003 auf 2002 vorzuziehen. Darüber hinaus sind weitere Schritte der Bundesregierung nötig, um die Nachfrage zu beleben. Dazu gehört es, Unternehmen eine Investitionsprämie von 7,5 Prozent zu gewähren, wie es das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz vorsieht. Die Verbraucher und Unternehmen brauchen Signale, die den Weg nach vorne weisen.
Wichtig ist aber auch: Beim nächsten Boom sollten die Schulden umso, stärker abgebaut werden. Und ich bin überzeugt davon, dass Boom kommen wird."