Kronen Zeitung, 14.10.2016, S. 10
Hinweis:
Der Artikel beschreibt korrekt die Position von Professor Hans-Werner Sinn. Auch die im Text zu findenden wörtlichen Zitate stimmen. Hans-Werner Sinn hat Österreich so wie auch Deutschland empfohlen, eine Änderung des EU-Vertrages zu verlangen und dabei auch eine Änderungskündigung in den Raum zu stellen, um dem Verlust der Sperrminorität der freihandelsorientierten Länder nach dem Austritt Großbritanniens entgegenzuwirken und die übergriffige Mandatsinterpretation der EZB in Zukunft zu verhindern. Doch das wörtliche Zitat in der Überschrift, das der Blattmacher freihändig hinzugefügt hat, stimmt nicht. Das hat Prof. Sinn weder gesagt noch gemeint. Das Ziel der Verhandlungen, die Prof. Sinn empfiehlt, ist nicht der Austritt Österreichs und Deutschlands aus der EU, sondern der Verbleib in einer reformierten EU.
Starker Auftritt von Prof. Hans-Werner Sinn, dem renommierten deutschen Wirtschaftsexperten, bei einem Vortrag für die Rothschild-Bank in Wien. Im „Krone“-Interview forderte er Österreich auf, den bestehenden EU-Vertrag aufzukündigen. Und zwar nicht, um aus der EU wie Großbritannien auszutreten, sondern in Form einer „Änderungskündigung“.
Nur dadurch könne verhindert werden, dass die bisherige „Sperrminorität“ der ökonomisch stärkeren Länder wie Deutschland, Finnland, Niederlande und Österreich verloren ginge und die finanzschwachen „Südländer“ das Sagen bekämen. Prof. Sinn: „So eine Entwicklung kann für Österreich nicht hingenommen werden.“
Diese Änderungskündigung müsse Österreich (wie auch andere Länder) vornehmen, „solange mit Großbritannien über den Brexit verhandelt wird.“ Sinn: „Ist der Brexit einmal perfekt, ist es zu spät. Die Minderheitsrechte in der EU müssen gestärkt werden.“
Sinn ist stets auch ein Euro-Skeptiker gewesen und geblieben: „Der Euro ist reparabel, aber nur mit Vertragsänderungen. Der größte Fehler beim Euro war, ihn als Haftungsgemeinschaft zu verstehen, was dazu geführt hat, dass sich marode Staaten zu niedrigen Zinsen hoch verschulden konnten.“
Dies habe in eine Sackgasse geführt, die Deutsche Bundesbank sei heute mit 716 Milliarden Euro bereits der größte Gläubiger des Eurosystems. Sinn: „Der Euro funktioniert so nicht, er wurde auch missbraucht für Rettungsaktionen von einzelnen Staaten wie Griechenland, mit der Notenpresse kann man diese Probleme nicht lösen.“
Die Wettbewerbsfähigkeit der Südländer sei durch zu hohe Kosten nicht gegeben. Sinn: „Das Lohnniveau in Griechenland ist doppelt so hoch wie das polnische, da stimmt doch was nicht!“
Was die Migrationsthematik anbelangt, so zeigt sich Prof. Sinn skeptisch: „Da sind überwiegend schlecht qualifizierte Afghaner, Syrer etc. gekommen, die in den Arbeitsmarkt zu integrieren wird schwierig.“
Darum, so Hans-Werner Sinn, sollten die wettbewerbsfähigen EU-Länder wie Deutschland, Österreich, die Niederlande usw. ihre Position durch eine Neuordnung der EU-Verträge absichern, andernfalls hätte das negative Konsequenzen. Sinn: „Wir leben in einer dramatischen Zeit mit nach wie vor hoher Arbeitslosigkeit in EU-Ländern wie Italien oder Griechenland. Und ich glaube auch nicht, dass in zehn Jahren die gleichen Länder wie heute im Euro-System sind...“