7 Wahrheiten über unsere Gastarbeiter

Autor/en
Hans-Werner Sinn
Bild-Zeitung, 26.11.2004, S. 2

Man rief Arbeitskräfte, und Menschen sind gekommen. Menschen, die stolz auf ihre Heimatländer sind, die ihre Kinder und Freunde lieben, und denen das Deutsche fremd bleibt. In Deutschland wird wieder über die Multikulti-Gesellschaft, Gastarbeiter und Zuwanderer diskutiert.

Was wir bedenken sollten:

1. Zuwanderung bereichert Deutschland!
Zuwanderer haben die kulturelle Vielfalt unseres Landes bereichert, das Leben hier ist bunter geworden. Gyros ist zu einer deutschen Lieblingsspeise geworden, die 10 000 Döner-Buden haben mit 2 Milliarden Euro so viel umgesetzt wie McDonald's in Deutschland. Auch türkische Einzelhändler, griechische und italienische Gaststätten, internationale Künstler wollen wir nicht missen.

2. Zuwanderer sind fleißig, schaffen Jobs!
Die allermeisten arbeiten und sind gewissenhafte und verläßliche Menschen. Sie erledigen Arbeiten, die Deutsche schon gar nicht mehr machen wollen. Ein Zehntel sind Selbständige oder mithelfende Familienmitglieder. Viele schaffen Arbeitsplätze - allein rund 60 000 türkische Unternehmen mit 29 Milliarden Umsatz beschäftigen rund 330 000 Mitarbeiter, darunter fast ein Drittel Deutsche.

3. Zuwanderer sind ehrlich zum Staat!
Nur ein kleiner Teil der Zuwanderer arbeitet schwarz, tun das vielfach nur, weil sie keine Arbeiterlaubnis haben oder ihre Zeugnisse nicht anerkannt werden.

4. Zuwanderung macht uns schlauer!
Die deutsche Forschungslandschaft profitiert von der Zuwanderung ausländischer Forscher. Wissenschaft ist Austausch. Sie kann nicht im eigenen Saft schmoren. Viel Forschungswissen wurde auf diese Weise auch nach Deutschland importiert.

5. Zuwanderer machen uns weltoffen!
Ausländer helfen mit, die Welt für Deutschland zu öffnen, indem sie mit ihren Kontakten in die Heimatländer nicht nur Unterstützung und Verständnis für uns Deutsche schaffen, sondern mithelfen, wertvolle Handelsverbindungen aufzubauen. Die deutschen Exporte in die Türkei stiegen allein im ersten Halbjahr 2004 um die Hälfte.

6. Zuwanderer wurden angelockt
Wahr ist aber auch, daß es zu viel Zuwanderung von gering Qualifizierten gab, die von den Leistungen des Sozialstaates angeregt wurde. Das darf man aber nicht den Zuwanderern vorwerfen. Das Problem liegt eher bei der Politik, die es versäumt hat, einer Zuwanderung in den Sozialstaat den Riegel vorzuschieben.

7. Zuwanderung muß gestaltet werden
Damit für die Zuwandernden Arbeit entsteht, müssen die Löhne fallen. Damit einheimische Geringverdiener das akzeptieren und keinen Nachteil erleiden, brauchen wir ein System von staatlichen Zuzahlungen beim Lohn. Der Sozialstaat muß sein Geld fürs Mitmachen statt für die Arbeitslosigkeit ausgeben. Dann haben alle etwas von der Zuwanderung.

* Präsident des Münchner Ifo-Instituts