Die Niedrigzinsphase hat Deutschland schon sehr viel Geld gekostet. Wieviel, das zeigt die folgende Graphik.
Die untere Kurve misst das deutsche netto aus dem Ausland bezogene Vermögenseinkommen (Net foreign investment income) der Bundesrepublik Deutschland bis zum Ende des Jahres 2017. Dabei handelt es sich um die Summe der netto aus dem Ausland bezogenen Kapitalerträge im weiteren Sinne, also der Zinsen auf Wertpapiere und Kreditkontrakte inklusive der von der Bundesbank bezogenen Zinsen auf ihre Target-Forderungen, Miet- und Pachterträge sowie Dividenden und einbehaltene Gewinne deutscher Unternehmen im Ausland abzüglich der entsprechenden Vermögenseinkommen, die Ausländer in Deutschland erwirtschaften.
Diese Einkommen umschließen alle Sektoren der Wirtschaft, also die Unternehmen, die privaten Haushalte und die Staaten. Die obere Kurve zeigt den fiktiven Verlauf des Nettovermögenseinkommens Deutschlands, das sich ergeben hätte, wenn es Deutschland gelungen wäre, auf sein jeweiliges Nettoauslandsvermögen (errechnet durch Addition der tatsächlichen Leistungsbilanzüberschüsse zum anfänglichen Vermögensbestand Ende 2006) durchgängig noch die Ertragsrate des Jahres 2007 zu verdienen, die bei 7,5% lag. Nimmt man an, dass die so berechneten Zusatzerträge, also die Differenz aus dem fiktiven Nettovermögenseinkommen und dem tatsächlichen Nettovermögenseinkommen, konsumiert worden wären, es also keinen Zinseszinseffekt gibt, so hätte Deutschland in den zehn Jahren von 2008 bis 2017 insgesamt 604 Mrd. Euro an Zinsverlusten aufgrund der niedrigen Zinsen gehabt. Diese Zahl ist eine Aggregatzahl, bei der die Zinsgewinne einzelner Sektoren wie z.B. jene des deutschen Staates, bereits berücksichtigt sind. Allein im Jahr 2017 lag der deutsche Zinsverlust bei 144 Mrd. Euro. Es sei darauf hingewiesen, dass diese Rechnung die Frage offen lässt, wodurch die Zinssenkungen zustande kamen. In Frage kommen u.a. die Niedrigzinspolitik der EZB, das weltweit niedrige Zinsumfeld, die niedrige Verzinsung der Rettungsschirme und insbesondere die niedrige, in letzter Zeit sogar bei Null liegende Verzinsung der Target-Forderungen der Bundesbank.
Literatur:
Sonderbericht zum EU-Wiederaufbaufonds und dazugehörige Pressemitteilung vom 11. März 2021