Wirkliche Notiz von Helmut Schmidt habe ich erstmals genommen, als ich meinen Lehrer Herbert Timm von ihm schwärmen hörte. Timm beriet Schmidt als Vorsitzender des finanzwissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen. Der müsse Bundeskanzler werden, sagte er damals in weiser Voraussicht. Helmut Schmidt hat Deutschland in der Welt Anerkennung und Achtung verschafft. Auf die Gnade der späten Geburt konnte er sich nicht berufen. Gerade deshalb war er besser als andere in der Lage, die deutsche Politik im In- und Ausland authentisch zu vertreten und Deutschland durch die Wirren des Kalten Krieges zu führen. Ich war damals nicht auf seiner Seite, als es um die Nachrüstungsbeschlüsse ging. Aber er hat es geschafft, die SS-20-Raketen wegzubringen, was ich nicht für möglich gehalten hätte. Jemand, der den Krieg mitgemacht hat, kann solche Dinge eben doch besser einschätzen. Großes hat er mit dem europäischen Festkurssystem geleistet. Auch wenn das System 1992 wieder kollabierte, hat es dem Euro den Weg gebahnt. Als Volkswirt habe ich mich immer gefreut, wenn ich seine Stellungnahmen zur Wirtschaftspolitik vernahm, die von Weitsicht und Sachverstand geprägt waren. Es wäre gut, wenn solches auch unter den heute aktiven Politikern häufiger anzutreffen wäre.
Hans-Werner Sinn, Ökonom, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung