Interview: Hans-Werner Sinn
Bielefeld. Der Chef des Münchener ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung hat sich für ein drittes Konjunkturpaket ausgesprochen. Man werde dies brauchen, „ wenn uns nächstes Jahr die Flaute so richtig erfasst“, sagte er in der vergangenen Woche. Sinn antwortet auf Nachfragen von Martin Krause.
Herr Professor Sinn, erwarten Sie tatsächlich, dass uns die Flaute 2010 erst voll erwischt?
Hans Werner Sinn: Wenn die Kurzarbeitsphase vorbei ist, wird die Arbeitslosigkeit mit Macht über uns hereinbrechen. Die Kurzarbeitsgelder reichen so etwa bis zur Bundestagswahl. Wir folgen halt der amerikanischen Krise mit einiger Verzögerung. Im Frühjahr 2010 werden wir konjunkturell da stehen, wo die Amerikaner im letzten Herbst standen.
Wie wäre ein drittes Konjunkturprogramm zu finanzieren?
Sinn: Auch das dritte Konunkturprogramm muss mit Schulden finanziert werden, denn sonst kommen keine positiven Effekte zustande. Am besten ist es, wenn der Staat bei den Infrastrukturausgaben, die bislang über zwei Jahre nur 18 Milliarden ausmachen, kräftig zulegt, denn die wirken am stärksten. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil die Infrastruktur in Westdeutschland lange Zeit sträflich vernachlässigt wurde.
Halten Sie die Gefahr einer Inflation für geringer als die Gefahr einer Depression?
Sinn: Es gibt keine Inflationsgefahren, denn die Firmen und Menschen horten zu viel Geld. Wenn es eine Gefahr für ungewöhnliche Preisentwicklungen gibt, dann liegt sie eher in der Deflation. Deutschland und die anderen Länder müssen aufpassen, dass sie nicht von der japanische Krankheit angesteckt werden. Diese Krankheit währt nun schon 18 Jahre und ist durch Zentralbankzinsen von fast Null, eine Deflation und eine exorbitant wachsende Staatsverschuldung gekennzeichnet. Staatsschulden sind wie starker Kaffe. Er hilft einem kurzfristig, wieder in die Gänge zu kommen, aber langfristig macht er krank.