Bundesregierung ist mit der Energiewende auf dem Holzweg

Interview mit Hans-Werner Sinn, Allgemeine Bäckerzeitung, 22.02.2014, Nr. 4, S. 17

Hans-Werner Sinn: An Bäckereien lässt sich Problematik der Energiewende ablesen

Die Stromkosten steigen. Bäcker sehen die Eckpunkte zur Energiewende der Bundesregierung kritisch. Derweil ist die Zahl der Unternehmen, die nicht die volle EEG- Umlage zahlen, um 378 Firmen auf nunmehr 2098 Betriebe gestiegen.

Ein scharfer Kritiker des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist Professor Hans-Werner Sinn. Der Leiter des ifo Instituts in München erklärt im Gespräch mit ABZ-Autor Roland Ried, warum er Bäckereien nicht stärker entlasten, sondern die EEG-Umlage ganz abschaffen würde.

ABZ: Herr Sinn, was macht die derzeitige Energiepolitik so mittelstandsfeindlich?

Hans-Werner Sinn: Deutschland hat doppelt so hohe Strompreise wie Frankreich. Das liegt großenteils an dem teuren, angeblich „grünen" Strom, den wir einspeisen. Backwaren werden dadurch besonders belastet, denn Bäckereien sind energieintensive Betriebe. Aufgrund ihrer Größe können sie in der Regel nicht in Anspruch nehmen, von der Umlage für die erneuerbaren Energien ausgenommen zu werden. Daran sieht man - konzentriert auf eine Branche - einen Großteil der Problematik der sogenannten „Energiewende".

Sollten dann Betriebe in energieintensiven Branchen nicht unabhängig von ihrer Größe bei der EEG-Umlage entlastet werden - etwa ab einem gewissen Energiekostenanteil an den Gesamtkosten?

Sinn: Nein. Die gesamte EEG Umlage gehört abgeschafft. Sie ist ökologisch vollkommen nutzlos, führt zur Vernichtung von Naturlandschaften und senkt den Lebensstandard der Verbraucher. Es ist ein Glück, dass die EU nun gegen die Ausnahmen von der EEG-Umlage vorgeht. Das könnte das EEG zu Fall bringen, weil nun mächtige Firmen zu Gegnern werden.

Wie lässt sich das Problem lösen?

Sinn: Indem man der Bundesregierung klar macht, dass sie mit der Energiewende auf dem Holzweg ist. Die Energie wird nur teurer, und der Umwelt hilft das nichts. Zum einen bedeutet der Ersatz des Stroms aus fossilen Quellen durch solchen aus erneuerbaren Quellen in Deutschland, dass Emissionszertifikate frei werden und anderswo in Europa verbraucht werden. Dort wird also exakt so viel Strom aus fossiler Energie mit einem entsprechenden Ausstoß an Kohlendioxid mehr produziert, wie in Deutschland weniger produziert wird. Außerdem wird die Natur in Deutschland durch Windräder verschandelt. Die Industrialisierung unserer letzten  Naturlandschaften durch die Windmühlen ist ein Skandal, den sich nur die Grünen leisten durften.

Warum halten Sie eigentlich so wenig vom Strom aus Wind und Sonne?

Sinn: Weil dieser Strom voll unregelmäßig fließt. Was wir zum Ersatz brauchen, ist eine gesicherte, stetige Leistung, wie sie die konventionellen Kraftwerke geliefert haben. Aber das bringt der „grüne" Strom nicht. Er ist minderwertig, ganz abgesehen davon, dass er gar nicht wirklich grün ist, sondern die Natur verschandelt. Um die Marktbedürfnisse zu befriedigen, müssten seine zahlreichen Spitzen und Täler geglättet werden. Dafür fehlen uns aber erstens die Kapazitäten und zweitens Technologien, die das mit einem akzeptablen Wirkungsgrad bewerkstelligen. Zusammen mit dem Einspeisevorrang für „grünen" Strom führt das zu erheblichen Turbulenzen an den Strommärkten.

Konkret?

In Perioden mit sehr starkem Ökostromaufkommen, kann es etwa sein, dass der Abnahmepreis an der Strombörse negativ wird - das heißt Deutschland muss dem Ausland Geld bezahlen, um seinen Strom loszuwerden. Das ist ökonomischer Wahnsinn. Von den Belastungen für die Netze ganz zu schweigen.

Nahezu jeder Betrieb in der backenden Branche hat enorme Möglichkeiten der Energierückgewinnung. Müssten Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz - auch jenseits der Gebäudesanierung - nicht viel stärker gefördert werden?

Nein. Wir haben in Europa den Emissionshandel, der bereits alle Kraftwerke umfasst. Die aus volkswirtschaftlicher Sicht einzig sinnvolle Maßnahme ist es, diesen Emissionshandel auf alle fossilen Brennstoffe auszuweiten, also zum Beispiel Mineralöl, Gas und Kohle bereits beim Import damit zu belasten. Dann isolieren die Leute ihre Häuser schon von allein. Das EEG hingegen ist abzuschaffen. Es erbringt zusätzlich keinerlei umweltschützenden Effekt, sondern macht den Strom nur teuer.