Zehn Milliarden Euro sollen für die Flutopfer bereitgestellt werden, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Grundsätzlich kommen Steuererhöhungen, Ausgabenkürzungen oder eine Erhöhung der Staatsverschuldung in Betracht.
Steuererhöhungen sind aber auszuschließen, denn nach dem feierlichen Schwur, den Weg in den Steuerstaat nun endlich zu beenden, kann der Gesetzgeber nicht umfallen, ohne das Gesicht zu verlieren. Deutschland hat eine zu hohe Staatsquote. Zu viel Geld fließt in den Sozialstaat und zu viel Geld wird für Subventionen verpulvert. Die Steuerreform hat die Arbeitnehmer kaum entlastet, aber das bisschen Entlastung, das vorgesehen wurde, darf man nicht aufs Spiel setzen, wenn der verheerende Trend einer seit dreißig Jahren ansteigenden Arbeitslosigkeit gebrochen werden soll.
Gemessen an der Grenzsteuerbelastung des durchschnittlichen Arbeitnehmers nimmt Deutschland unter allen OECD-Ländern eine Spitzenposition ein. Kein Wunder, dass es beim Wachstum Schlusslicht ist. Die Dinge hängen miteinander zusammen. An einer Politik der Senkung der Abgabenquote führt unter diesen Umständen auch dann kein Weg vorbei, wenn eine Naturkatastrophe bewältigt werden muss.
Steuererhöhungen, auch solche, die nur als aufgeschobene Steuersenkungen realisiert werden, passen auch nicht zur Konjunkturlage. Der gerade herausgekommene ifo Klimaindex ist zum dritten Mal in Folge gefallen, und zwar beträchtlich. Der Aufschwung scheint unterbrochen zu sein, und man muss froh sein, wenn die Konjunktur nicht abschmiert.
Besser ist es in dieser Situation, die Option der Staatsverschuldung zu wählen. Die Wirtschaftsforschungsinstitute hatten im Herbst des Jahres 2001 empfohlen, die nächste Stufe der Steuerreform vorzuziehen, um die Konjunktur zu stützten. Dabei sollten die Einnahmeausfälle durch eine zusätzliche Verschuldung kompensiert werden. Da die Konjunkturlage heute nicht viel besser ist als damals, kann es nicht richtig sein, das Gegenteil von dem zu tun, was die Institute damals empfohlen hatten. Die Verschiebung der nächsten Stufe der Steuerreform wäre der falsche Weg.
Das Maastricht-Kriterium ist allerdings ein neues Problem, das damals so noch nicht im Raume stand. Für dieses Jahr wird eine Neuverschuldung von 2,5 bis 2,8% erwartet. Der Spielraum ist also gering. Andererseits wird in diesem Jahr nur ein kleiner Teil des Geldes fließen, und außerdem schließt der Stabilitätspakt Naturkatastrophen explizit aus. Zum Zwecke der Kompensation der durch Katastrophen verursachten Schäden ist die Verschuldung explizit erlaubt. Dies spricht für die Kreditfinanzierung der Maßnahmen zur Beseitigung der Hochwasserschäden.
Langfristig am besten ist indes die Kürzung der staatlichen Ausgaben. Die Sozialausgaben gehören genauso auf den Prüfstand wie die staatlichen Subventionen an die Unternehmen, die in der Größenordnung von 100 bis 150 Mrd. Euro anzusetzen sind. Leicht ließe sich durch lineare Kürzungen das Geld frei machen, um den Opfern der Flutkatastrophe zu helfen.
Eine Kombination aus Verschuldung und Ausgabenkürzung wäre der beste Weg. Solange die Konjunktur instabil bleibt, können die benötigten Mittel durch Kredite aufgebracht werden, doch danach sollte eine Ausgabenkürzung an die Stelle weiterer Kredite treten. Auch eine beschleunigte Kredittilgung sollte dann durch Ausgabenkürzungen erreicht werden.
Hans-Werner Sinn
Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft
Präsident des ifo Instituts