Forschungsgebiete

Sinns Forschungsschwerpunkte umfassen die Themen Steuern, Regulierung, Arbeitsmarkt, Umwelt, Wachstum und erschöpfbare Ressourcen, Außenhandel, Banken, Versicherung und Risiko, Klima und Energie, Demographie und Sozialversicherung, Makroökonomik, Systemwettbewerb und Systemtransformation. Seine Forschungsergebnisse wurden u.a. im American Economic Review, Journal of Public Economics und Quarterly Journal of Economics veröffentlicht.

Zu Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn hat sich Sinn vor allem mit der ökonomischen Risikotheorie beschäftigt. Seine 1977 eingereichte und 1980 bei Mohr Siebeck publizierte Dissertation Ökonomische Entscheidungen bei Ungewissheit (Sinn 1980a) wurde 1983 als Übersetzung unter dem Titel Economic Decisions under Uncertainty (Sinn 1983a) bei North Holland veröffentlicht. Schwerpunkte dieser Arbeiten liegen auf der Symbiose von Erwartungsnutzentheorie und der axiomatischen Fundierung der Mittelwert-Varianz-Analyse (der Fundierung des Prinzips des unzureichenden Grundes), der psychologischen Fundierung von Risikopräferenzfunktionen und vor allem der Erklärung einer übermäßigen Risikoneigung durch Haftungsbeschränkungen zu Lasten Dritter. Diese Theorie entwickelte sich später zu einem zentralen Baustein für die Erklärung des Verhaltens von Zombie-Banken. Nach dem Urteil von Martin Hellwig (2008) nahm Sinn damit einen zentralen Teilaspekt der bislang als Basiswerk geltenden Arbeit von Stiglitz und Weiss aus dem Jahr 1981 vorweg. Aus der Dissertation ging u.a. ein Aufsatz im Quarterly Journal of Economics zum Prinzip des unzureichenden Grundes (Sinn 1980b), ein Aufsatz im European Economic Review zu Risikoentscheidungen mit Haftungsbeschränkungen (Sinn 1982a)und ein Aufsatz im Journal of Economic Psychology zur Psychologie der Risikoentscheidungen (Sinn 1985a) hervor.

Mit seiner 1980 erschienenen Arbeit mit dem Titel “Besteuerung, Wachstum und Ressourcenabbau. Ein allgemeines Gleichgewichtsmodell” (Sinn 1980c) war Sinn der erste Ökonom, der ein intertemporales allgemeines Gleichgewicht in einer dezentral organisierten, wachsenden Ökonomie formulierte, das den Hauptsätzen der Wohlfahrtstheorie genügte. Er antizipierte damit einschlägige Arbeiten von Abel und Blanchard (1983) und Chamley (1981). Unter Hinweis auf Sinns Erstautorenschaft durch den Herausgeber wurde eine Übersetzung des Artikels 1982 in der Fachzeitschrift European Economic Review veröffentlicht (Sinn 1982b). Sinn benutzte seine Theorie auch in seiner 1985 erschienenen Habilitationsschrift “Kapitaleinkommensbesteuerung. Eine Analyse der intertemporalen, internationalen und intersektoralen Allokationswirkungen”, die 1985 bei Mohr Siebeck erschien (Sinn 1985b) und 1987 in englischer Übersetzung unter dem Titel “Capital Income Taxation and Resource Allocation” bei North Holland herauskam (Sinn 1987). Auch sein Aufsatz im American Economic Review zu den negativen Auswirkungen antizipierter Mehrwertsteuererhöhungen auf das Wachstum lag in der Tradition dieser Forschungsrichtung (Sinn und Howitt 1989).

Sinn verfasste eine größere Anzahl von Arbeiten zu steuerpolitischen, konjunkturtheoretischen, umweltökonomischen und außenhandelsbezogenen Themen, darunter Arbeiten zum Asset Approach sowie zur Mikrofundierung des Modells des temporären Gleichgewichts im Rahmen eines IS-LM-Modells, eine Symbiose zwischen keynesianischer und neoklassischer Theorie (Sinn 1983b).

Früh forschte Sinn zu Themen der aktuellen Wirtschaftspolitik und schrieb eine Reihe ökonomischer Fachbücher, die sich durch ihre allgemeinverständliche Sprache einem breiteren Publikum erschlossen.

1991 veröffentlichte er zusammen mit seiner Frau Gerlinde Sinn das Buch Kaltstart. Volkswirtschaftliche Aspekte der Deutschen Vereinigung bei Mohr Siebeck (Sinn und Sinn 1991). Das Buch erschien 1992 in englischer Übersetzung bei MIT Press als Jumpstart. The Economic Unification of Germany (Sinn und Sinn 1992). Es wurde jeweils in mehreren Auflagen und insgesamt in sechs Sprachen veröffentlicht.

Seine Kritik an der nach seiner Meinung übermäßig riskanten Politik der staatlichen Landesbanken beschreibt Sinn in Der Staat im Bankwesen (Sinn 1997). Das Buch erschien 1999 bei Edward Elgar auf Englisch unter dem Titel The German State Banks. Global Players in the International Financial Markets (Sinn 1999a). Sinn antizipierte in diesem Buch die desaströse Entwicklung, die diese Banken später nahmen.

Sinn hat mit seinen Schriften zur demographischen Krise (Sinn 1999b, 2000) nachgewiesen, dass eine Barwertäquivalenz zwischen einem Umlagesystem und einem Kapitaldeckungssystem besteht. Daraus zieht er den Schluss, dass kein System dem anderen überlegen ist. Jedoch müsse man das Umlagesystem durch eine Teilkapitaldeckung ergänzen, um die absehbaren demographischen Probleme in den 2030er Jahren zu beherrschen. Er war auch federführend bei einem entsprechenden Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft, das zur Blaupause für die Riester-Rente wurde. Sein Münchner Universitätsinstitut CES hatte das Bundesarbeitsministerium seinerzeit personell bei der Formulierung des Gesetzestextes unterstützt.

In dem Buch The New Systems Competition (Blackwell, Sinn 2003a), das auf seinen 1999 in Helsinki gehaltenen Yrjö-Jahnsson Lectures fußte, formulierte Sinn das “Selektionsprinzip”, nach dem der Wettbewerb der Staaten grundsätzlich nicht funktionieren kann, weil die Staaten die Ausnahmen des Wettbewerbsprozesses verwalten. In einem Kapitel wies er nach, dass die nationalen Systeme der Bankenregulierung im Systemwettbewerb erodieren und die Banken zu übermäßig riskanten Geschäften veranlasst werden. Seine Abhandlung entzündete in der Fachzeitschrift Finanzarchiv eine Kontroverse mit liberalen Ökonomen, in der er seine Forderung nach einer internationalen Harmonisierung und Verschärfung der Bankenregulierung bekräftigte (Sinn 2003b).

Sinn analysierte in seinem Buch Ist Deutschland noch zu retten? (Econ, Sinn 2003c) Deutschlands Rolle im globalen Standortwettbewerb, kritisierte die lähmende Ausgestaltung des deutschen Sozialstaats und entwickelt sein schon 2002 formuliertes System der “Aktivierenden Sozialhilfe” weiter, das in seinen wesentlichen Zügen vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und vom Sachverständigenrat übernommen wurde und nach Aussage von Wolfgang Wiegard, seinerzeit Mitglied des Sachverständigenrates, als Blaupause der Agenda 2010 diente. Das Buch erschien in zwölf Auflagen und war das seit einem Jahrhundert meistverkaufte Buch der wissenschaftlichen Politikberatung in Deutschland. Es wurde im Jahr 2007 auch als Übersetzung bei MIT Press unter dem Titel Can Germany be Saved? The Malaise of the World’s First Welfare State (Sinn 2007) veröffentlicht. Zu dem Buch erschien 2009 im Journal of Economic Literature ein Besprechungsaufsatz von D. Snower et al., in dem die Bedeutung des Buches für die Analyse der Anreizprobleme alternder Sozialstaaten hervorgehoben wurde (Snower et al. 2009). Endorsements zum englischen Buch.

Im Anschluss an seinen Bestseller „Ist Deutschland noch zu retten?“ veröffentlichte Hans-Werner Sinn 2004 eine kleinere Abhandlung Mut zu Reformen. 50 Denkanstöße für die Wirtschaftspolitik (dtv 2004, Sinn 2004), in der er die größten wirtschaftspolitischen Herausforderungen für Deutschland in prägnanter Weise umreißt und dazu neue Denkanstöße liefert. 

In Die Basarökonomie (Econ, Sinn 2005) entwickelt Sinn die Theorie vom “pathologischen Exportboom”. Wegen der starren Lohnpolitik in Deutschland habe Deutschland zu wenig in den Binnensektoren investiert, zu viel Kapital exportiert und zugleich zu viel Kapital und Wertschöpfung in den kapitalintensiven, kundennahen Endstufen der Exportindustrie spezialisiert.

In seinem Buch Das grüne Paradoxon: Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik (Econ, Sinn 2008a) und einem dazu von ihm vorweg veröffentlichten wissenschaftlichen Aufsatz (“Public Policies against Global Warming: A Supply Side Approach”, International Tax and Public Finance, Sinn 2008b) entwickelt Sinn die neue Forschungsrichtung der angebotsorientierten Klimapolitik, die die Belastung der Atmosphäre mit Kohlenstoff über die Entscheidungen der Ressourcenbesitzer zu erklären versucht. Seine zentrale These ist, dass die Ankündigung von Ersatztechnologien von den Ressourceneigentümern als marktvernichtende Maßnahmen angesehen werden, denen die Ressourceneigentümer mit einer Beschleunigung der Extraktion fossiler Brennstoffe begegnen, was den Klimawandel beschleunigt, statt ihn zu verlangsamen. Aus diesen Arbeiten ist eine umfangreiche neue Forschungsrichtung in der Klimapolitik entstanden, zu der mittlerweile eine kaum noch überschaubare Zahl von wissenschaftlichen Beiträgen publiziert wurde. Sinns Buch erschien im Jahr 2012 auch auf Englisch bei MIT Press unter dem Titel The Green Paradoxon: A Supply Side Approach to Global Warming (Sinn 2012a). Stimmen zum Buch.

Im Jahr 2009 folgte der Sammelband Denkanstöße – 100 Thesen aus dem ifo Institut (ifo 2009, Sinn 2009a). Dort stellt Hans-Werner Sinn in 100 Standpunkten, die er während der letzten zehn Jahre veröffentlichte, seine Reformideen für Deutschlands Wirtschaftspolitik vor. Das Buch wurde als Food for Thought – 100 Theses from the ifo Institute auch in englischer Sprache publiziert.

Zum Thema Finanzkrise und Bankenregulierung veröffentlichte das ifo Institut außerdem den englischsprachigen Sammelband Risk Taking, Limited Liability, and the Banking Crisis (MIT Press 2009, Sinn 2009b) mit ausgewählten früheren Artikeln von Hans-Werner Sinn zur Haftungsbeschränkung von Banken, den möglichen Ursachen der Bankenkrise und wirtschaftspolitischen Empfehlungen zur Bankenregulierung. Die im Buch enthaltenen Beiträge präsentieren die wesentlichen Erkenntnisse aus drei Jahrzehnten Forschungsarbeit des Wissenschaftlers zu diesem Thema. 

In seinem ebenfalls 2009 erschienenen Werk Kasino-Kapitalismus. Wie es zur Finanzkrise kam, und was jetzt zu tun ist (Econ 2009, Sinn 2009c) macht Sinn eine unzureichende Bankenregulierung, vor allem eine zu geringe Mindesteigenkapitalquote der Banken, für die Finanzkrise ab 2007 verantwortlich. Er greift damit seine oben bereits erwähnten, frühen Arbeiten zum Thema des künstlich durch Haftungsbeschränkungen verursachten Spieltriebs der Banken wieder auf. Sinn spricht sich auch dort für den klassischen Ordoliberalismus im Sinne von Walter Eucken, Alfred Müller-Armack, Alexander Rüstow und Ludwig Erhard aus, der einem starken Staat die Aufgabe zusprach, Wettbewerbsprozesse in einen staatlich kontrollierten Ordnungsrahmen einzubetten. Statt Selbstregulierung der Marktwirtschaft bejaht Sinn Selbststeuerung innerhalb eines staatlich gesetzten Ordnungsrahmens. Das Buch erschien im Jahr 2010 unter dem Titel Casino Capitalism. How the Financial Crisis Came About and What Needs to be Done Now bei Oxford University Press (Sinn 2010). Das Handelsblatt kürte es zu einem der fünfzig wichtigsten Ökonomie-Bücher aller Zeiten (Handelsblatt 2012). Endorsements zum englischen Buch.

In Die Target-Falle – Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (Hanser, Sinn 2012b) analysiert Sinn die Eurokrise als Zahlungsbilanzkrise und greift dabei auf seine vorangehenden Studien zu den Target-Salden zurück. Sinn wies schon im Februar 2011 öffentlich auf die in der Krise anwachsenden Target-Salden hin und interpretierte sie als Maß für den “Bail-out mit der Druckerpresse”, als Rettungsschirm der EZB, der vor den offiziellen Rettungsschirmen aufgespannt wurde und die Parlamente später unter Zugzwang setzte. Mit seinem Co-Autor Timo Wollmershäuser hat er den ersten Panel-Datensatz für die Target-Salden des Eurosystems aus den Bilanzen der nationalen Notenbanken und den IWF-Statistiken nach einer Methode generiert, die später auch von der EZB übernommen wurde (“Target Loans, Current Account Balances and Capital Flows: the ECB’s Rescue Facility“, Sinn und Wollmershäuser 2012). Martin Wolf nannte die Ausführungen Sinns in der Financial Times brilliant (Wolf 2011). Ähnlich äußerte sich Wolfgang Münchau in der gleichen Zeitung (Münchau 2012). Stimmen zum Buch.

Im Jahr 2013, zehn Jahre nach Einführung der von ihm mit angestoßenen „Agenda 2010“ - Reformen, geht Hans-Werner Sinn in seinem Buch Verspielt nicht Eure Zukunft (Redline 2013, Sinn 2013) der Frage nach, wie Deutschland auch künftig seine wirtschaftspolitischen Herausforderungen bewältigen und in Wohlstand leben kann. Das Buch ist in Dialogform mit Jens Schadendorf, dem Co-Herausgeber der „Edition-Debatte“ im Redline Verlag, verfasst worden. Hans-Werner Sinn spricht hier unmittelbar als Wissenschaftler und Privatperson. Im gleichen Format wurde das Buch Gefangen im Euro (Redline 2014, Sinn 2014a) herausgebracht. Hierin kritisiert Hans-Werner Sinn die anhaltende Euro-Rettungspolitik und plädiert für eine umfassende Reform des europäischen Zentralbankensystems.  

Verwandt mit dem Buch Die Target-Falle ist das Buch The Euro Trap. On Bursting Bubbles, Budgets, and Beliefs (Oxford University Press, Sinn 2014b). In diesem Buch vertritt Sinn die These, dass die südlichen Euroländer durch die zinssenkende Wirkung des Euro in eine inflationäre Kreditblase gerieten, die sie ihrer Wettbewerbsfähigkeit beraubte. Da Preise zwar leicht steigen, aber schwerlich wieder fallen können, sitzen die Länder Südeuropas und auch Frankreich in einer Falle. Sie müssten abwerten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen, können es aber nicht, weil sie im Euro feststecken. Zur Stabilisierung der Eurozone schlägt Sinn einen atmenden Euro mit Ein- und Austrittsmöglichkeiten vor. William Nordhaus bezeichnet Sinns Buch als „mutig und brilliant“. Kenneth Rogoff nennt es das “vielleicht wichtigste fachwissenschaftliche Buch zur Eurokrise in wenigstens einer Dekade”. The Euro Trap wurde von der Financial Times zu einem der weltweit besten Wirtschaftsbücher des Jahres 2014 gekürt. Endorsements zum Buch.

In Der Euro: Von der Friedensidee zum Zankapfel (Hanser 2015, Sinn 2015), einer grundlegend überarbeiteten deutsche Fassung von The Euro Trap, zeigt Sinn, dass der Euro, der die europäischen Länder noch tiefer vereinen sollte, gut ein Jahrzehnt nach seiner Einführung einen Riss quer durch Europa verursacht hat. Während Südeuropa im Schuldensumpf gelandet ist, sieht sich der Norden zunehmend in die Rolle des Zahlmeisters und Haftenden gedrängt.  Allein schon die Target-Salden setzen die Gläubigerländer einem Haftungsrisiko von weit über 1000 Milliarden Euro aus. In seinem Buch analysiert Hans-Werner Sinn die ökonomischen Hintergründe der Eurokrise und zeigt Wege auf, wie die Marktmechanismen zur Herstellung einer größeren Schuldendisziplin gestärkt werden können, ohne dass dabei der Euro zerbricht.  

In seinem Buch Der Schwarze Juni (Herder 2016), beschäftigt sich Hans-Werner Sinn mit zwei Entscheidungen, die den Monat Juni 2016 schicksalhaft für Europa werden ließen: Das Brexit-Votum vom 23. Juni 2016 und das OMT-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die letzte Barriere zum Schutz vor einer ultralockeren Geldpolitik der EZB beseitigte und somit den Weg in eine europäische Transferunion besiegelte. Hinzu kam die Flüchtlingskrise, die die EU seit 2015 in Atem hält. Nach seiner Analyse legt Hans-Werner Sinn ein „15-Punkte-Programm zur Neuordnung Europas“ vor, das unter anderem eine Reform des europäischen Zentralbankensystems, der Währungsunion und der europäischen Migrationspolitik beinhaltet. 

Im Februar 2018 legte Hans-Werner Sinn seine Autobiographie Auf der Suche nach der Wahrheit (Herder, 2018) vor. Sie beschreibt seine Karriere als Ökonom, die in kleinen Verhältnissen begann, und zeigt, welche Prägungen und Erfahrungen ihn zu seiner Berufung als „Volks-Wirt“ im wahrsten Sinne des Wortes geführt haben. Er erläutert, warum er auf der Suche nach der Wahrheit alles Ideologische ablehnt und nur den Regeln der Wissenschaft folgt. In seinem Buch geht Hans-Werner Sinn den großen Themen nach, die ihn als Menschen und als Ökonomen umgetrieben haben, angefangen von Klima und Umwelt, über die gerechte Verteilung von Wohlstand in einem marktwirtschaftlichen System, bis hin zu seiner Vision eines prosperierenden und freiheitlich agierenden Europas. Das Buch nimmt den Leser mit auf die Reise eines Wissenschaftlers, der nicht nur Zeuge, sondern auch Mitgestalter mancher wichtiger wirtschaftspolitischer Ereignisse in der Geschichte Deutschlands und Europas wurde. Laut Handelsblatt-Ranking vom 6. Juli 2018 stand das Buch auf Platz 1 der meistverkauften Wirtschaftsbücher in Deutschland.

Im Juli 2020, zum Höhepunkt der Coronakrise, veröffentlichte Hans-Werner Sinn sein Buch Der Corona-Schock: Wie die Wirtschaft überlebt (Herder, 2020), in dem er die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie analysierte und aufzeigte, wie die Wirtschaft die Krise am besten überwinden kann. Das Buch ist in Interviewform gehalten und wurde von Hans-Werner Sinn mit seinem Lektor Patrick Oelze erarbeitet. 

Das ebenfalls 2020 erschienene Buch The Economics of Target Balances (Palgrave Macmillan, 2020) ist eine Zusammenfassung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Target-Salden, die in Europa riesige Volumina erreicht haben und in Deutschland bald die Hälfte des Nettoauslandsvermögens ausmachen. Im Kern erläutert das Buch, dass diese Salden Zahlungsbilanzsalden sind, die den Charakter zwischenstaatlicher Kredite haben, ähnlich wie die Überziehungskredite des IWF. Sie sind letztlich dadurch entstanden, dass die EZB die aufgrund unterschiedlicher Länderrisiken zustande kommenden Zinsunterschiede in Europa durch kompensierende Kreditoperationen einzuebnen versucht hat. Öffentliche Kredite des Eurosystems ersetzten private Kredite, die nur zögerlich flossen. Der Autor zeigt, dass die Target-Salden auf dem Wege des Zinspooling der EZB faktisch mit Zins und Zinseszins weitergeschrieben werden, wobei der Zins ein gewogenes Mittel verschiedener Politikzinsen des Eurosystems ist. Der Autor durchleuchtet den Verlauf der Eurokrise und die politischen Reaktionen der EZB vom Zeitpunkt der Lehman-Krise über die Griechenland-Krise bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie. Das Buch schließt mit Reformvorschlägen und Politikempfehlungen ab. 

Das 2021 erschienene Buch Die wundersame Geldvermehrung (Herder, 2021) ist eine wissenschaftliche Monographie, die die Inflation in Europa als Zusammenspiel der Corona-Pandemie und der Staatsverschuldung erklärt, die selbst wiederum durch die Aufkaufprogramme der EZB induziert wurde und alle vereinbarten Schuldenschranken Makulatur werden ließ. Sinn diskutiert detailliert die Mechanismen und Bedingungen, die zu der inflationären Situation in Europa führten, verweist auf Parallelen zu anderen Inflationen in der Geschichte und versucht einen Weg zurück zu einer soliden Geldpolitik aufzuzeichnen. Das Buch ist vermutlich die weltweit erste wissenschaftliche Abhandlung zu der großen Inflation, die die Welt nach der Corona-Pandemie erfasst hat. 

Literaturliste

Abel, Andrew B. und Olivier J. Blanchard (1983), “An Intertemporal Model of Saving and Investment”, Econometrica 51, S. 675–692.

Chamley, Christophe (1981), “The Welfare Cost of Capital Income Taxation in a Growing Economy”, Journal of Political Economy 89, S. 468–96.

Handelsblatt (2012), “Die 50 wichtigsten Wirtschaftsbücher aller Zeiten”, 12. Oktober, S. 62.

Hellwig, Martin (2008), “Preface”, in: H.-W. Sinn, Risk Taking, Limited Liability, and the Banking Crisis. Selected Reprints, Ifo Institute, Munich, S. 1.

Münchau, Wolfgang (2012), “The Bundesbank Has No Right at All to be Baffled”, Financial Times, 5. März, S. 9.

Sachverständigenrat (2002), “Zwanzig Punkte für Beschäftigung und Wachstum“, Jahresgutachten 2002/03.

Sinn, Hans-Werner (1980a), Ökonomische Entscheidungen bei Ungewißheit, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, 374 S.

Sinn, Hans-Werner (1980b), “A Rehabilitation of the Principle of Insufficient Reason”, Quarterly Journal of Economics 94, S. 493–506.

Sinn, Hans-Werner (1980c), “Besteuerung, Wachstum und Ressourcenabbau. Ein allgemeiner Gleichgewichtsansatz”, in: H. Siebert, Hrsg., Erschöpfbare Ressourcen, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Duncker und Humblot, Berlin, S. 499–528.

Sinn, Hans-Werner (1980d), “The Theory of Temporary Equilibrium and the Keynesian Model”Zeitschrift für Nationalökonomie 40, S. 281–320.

Sinn, Hans-Werner (1982a), “Kinked Utility and the Demand for Human Wealth and Liability Insurance”European Economic Review 17, S. 149–162.

Sinn, Hans-Werner (1982b), “Taxation, Growth, and Resource Extraction: A General Equilibrium Approach”, European Economic Review 19, S. 357–386.

Sinn, Hans-Werner (1983a), Economic Decisions under Uncertainty, North Holland, Amsterdam, New York und Oxford, 359 S.

Sinn, Hans-Werner (1983b), “International Capital Movements, Flexible Exchange Rates and the IS-LM Model. A Comparison Between the Portfolio-Balance and the Flow Hypotheses”, Weltwirtschaftliches Archiv 119, S. 36–63.

Sinn, Hans-Werner (1985a), “Psychophysical Laws in Risk Theory”, Journal of Economic Psychology 6, S. 185–206.

Sinn, Hans-Werner (1985b), Kapitaleinkommensbesteuerung. Eine Analyse der intertemporalen, internationalen und intersektoralen Allokationswirkungen, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, 352 S.

Sinn, Hans-Werner (1987), Capital Income Taxation and Resource Allocation, North Holland, Amsterdam, New York, Oxford und Tokio, 411 S.

Sinn, Hans-Werner (1997), Der Staat im Bankwesen. Zur Rolle der Landesbanken in Deutschland, Beck Verlag, München, 156 S.

Sinn, Hans-Werner (1999a), The German State Banks. Global Players in the International Financial Markets (Übersetzung von Der Staat im Bankwesen....), Edward Elgar, Aldershot, 140 S.

Sinn, Hans-Werner (1999b), “Die Krise der Gesetzlichen Rentenversicherung und Wege zu ihrer Lösung”, in: Jahrbuch 1998 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Beck Verlag, München, S. 96–119.

Sinn, Hans-Werner (2000), Why a Funded Pension System is Useful and Why It is Not UsefulInternational Tax and Public Finance 7, S. 389–410.

Sinn, Hans-Werner (2003a), The New Systems Competition, Yrjö Jahnsson Lectures, Basil Blackwell, Oxford, 228 S.

Sinn, Hans-Werner (2003b), “Asymmetric Information, Bank Failures, and the Rationale for Harmonizing Banking Regulation. A Rejoinder on Comments of Ernst Baltensperger and Peter Spencer”, Finanzarchiv 59, S. 340–346.

Sinn, Hans-Werner (2003c), Ist Deutschland noch zu retten?, Econ Verlag, München, 496 S.

Sinn, Hans-Werner (2004), Mut zu Reformen. 50 Denkanstöße für die Wirtschaftspolitik, Beck in dtv, München, 2004, 159 S.

Sinn, Hans-Werner (2005), Die Basar-Ökonomie. Deutschland: Exportweltmeister oder Schlusslicht?, Econ Verlag, Berlin, 249 S.

Sinn, Hans-Werner (2007), Can Germany be Saved? The Malaise of the World’s First Welfare State, MIT Press, Cambridge, Mass., 356 S.

Sinn, Hans-Werner (2008a), Das grüne Paradoxon – Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik, Econ Verlag, Berlin, 480 S.

Sinn, Hans-Werner (2008b), “Public Policies against Global Warming: a Supply Side Approach”International Tax and Public Finance 15, S. 360–394.

Sinn, Hans-Werner (2009a), Denkanstöße: 100 Thesen aus dem ifo Institut, ifo Institut, München 2009, 282 S.

Sinn, Hans-Werner (2009b), Risk Taking, Limited Liability, and the Banking Crisis, Selected Reprints, Ifo Institut, München 2009, 200 S.

Sinn, Hans-Werner (2009c), Kasino-Kapitalismus: Wie es zur Finanzkrise kam, und was jetzt zu tun ist, Econ Verlag, Berlin, 352 S.

Sinn, Hans-Werner (2010), Casino Capitalism. How the Financial Crisis Came About and What Needs to be Done Now, Oxford University Press, Oxford, 400 S.

Sinn, Hans-Werner (2012a), The Green Paradox, MIT Press, Cambridge, Mass., 288 S.

Sinn, Hans-Werner (2012b), Die Target Falle – Gefahren für unser Geld und unsere Kinder, Hanser, München, 418 S.

Sinn, Hans-Werner (2013), Verspielt nicht eure Zukunft!, Redline, München, 2013, 112 S.

Sinn, Hans-Werner (2014a), Gefangen im Euro, Redline, München,  2014, 224 S.

Sinn, Hans-Werner (2014b), The Euro Trap. On Bursting Bubbles, Budgets, and Beliefs, Oxford University Press, Oxford, 416 S.

Sinn, Hans-Werner (2015), Der Euro: Von der Friedensidee zum Zankapfel, (grundlegend überarbeitete deutsche Fassung von The Euro Trap) Hanser: München, Oktober 2015, 480 S.

Sinn, Hans-Werner (2016), Der Schwarze Juni. Brexit, Flüchtlingswelle, Euro-Desaster – Wie die Neugründung Europas gelingt, Herder: München 2016, 368 S.

Sinn, Hans-Werner (2018), Auf der Suche nach der Wahrheit. Autobiographie, Herder: München, Februar 2018, 672 S.

Sinn, Hans-Werner (2020), Der Corona-Schock. Wie die Wirtschaft überlebt, Herder: Freiburg 2020, 224 S.

Sinn, Hans-Werner (2020), The Economics of Target Balances: From Lehman to Corona, Palgrave Macmillan, London, November 2020, 159 S.

Sinn, Hans-Werner (2021), Die Wundersame Geldvermehrung, Herder: Freiburg 2021, 432 S.

Sinn, Hans-Werner und Peter Howitt (1989), “Gradual Reforms of Capital Income Taxation”, American Economic Review 79, S. 106–124.

Sinn, Hans-Werner und Gerlinde Sinn (1991), Kaltstart. Volkswirtschaftliche Aspekte der Deutschen Vereinigung, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, 231 S.

Sinn, Hans-Werner und Gerlinde Sinn (1992), Jumpstart. The Economic Unification of Germany, MIT Press, Cambridge, Mass., und London, England, 238 S.

Sinn, Hans-Werner und Timo Wollmershäuser (2012), “Target Loans, Current Account Balances and Capital Flows: the ECB’s Rescue Facility”, International Tax and Public Finance 19, S. 468–508; aktualisierte Fassung des CESifo Working Paper 3500, Juni 2011 und des NBER Working Paper 17626, November 2011.

Snower, Dennis J., Alessio J. G. Brown und Christian Merkl (2009), “Globalization and the Welfare State: A Review of Hans-Werner Sinn's Can Germany Be Saved?”, Journal of Economic Literature 47, S. 136–58.

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (1998),Grundlegende Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, BMWA-Studienreihe 99 (Gutachten vom 20./21. Februar).

Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2002), Reform des Sozialstaats für mehr Beschäftigung im Bereich gering qualifizierter Arbeit, Dokumentation 512 (Gutachten vom 28./29. Juni).

Wolf, Martin (2011), “What Has the ECB Done in the Crisis? The Role of TARGET Balances”, FT Blogs Martin Wolf's Exchange, 28. Dezember.