Deutschland hält seine Tore für Zuwanderer aus aller Welt weit geöffnet. Das gilt auch nach den Asylrechtsverschärfungen, die von der Ampel-Regierung kürzlich beschlossen wurden. Befürworter einer möglichst großzügigen Migrationspolitik verweisen darauf, dass der hiesige Arbeitsmarkt wegen der rasant alternden Bevölkerung dringend auf Zuwanderung angewiesen sei, um die immer größer werdenden Personallücken zu schließen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz betonte jüngst im Bundestag, Deutschland brauche „die Fachkräfte aus Syrien“. Und das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft legte mit Blick auf die Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Berechnungen vor, wonach die ausländischen Beschäftigten schon jetzt knapp 25 Milliarden Euro zur jährlichen Wertschöpfung in Ostdeutschland beitragen. Denn seit Jahren schrumpft in den neuen Ländern die Zahl der deutschen Arbeitnehmer. Im Westen wird dies in den kommenden Jahren aus demografischen Gründen ebenfalls der Fall sein.
Der Personalengpass ist ein Problem. Dennoch spricht auch aus ökonomischer Sicht nichts für eine ungeregelte Zuwanderung. Wer über die Asylschiene ins Land kommt, braucht oft Jahre, um am hiesigen Arbeitsmarkt unterzukommen. Und nicht wenige bleiben dauerhaft von Sozialtransfers abhängig. Kriegsflüchtlingen und politisch Verfolgten Schutz zu gewähren, ist ein humanitärer Akt, den sich unsere Gesellschaft durchaus etwas kosten lassen sollte. Doch den massenweisen Missbrauch zu tolerieren, de facto also jeden reinzulassen, macht die Bürger des Landes permanent ärmer – auch wenn Grüne und große Teile der SPD das partout nicht wahrhaben wollen.
Wie der frühere Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015/2016 an dieser Stelle dargelegt hat, funktioniert ein Land wie ein Club. Der Staat sei dabei der Treuhänder des öffentlichen Vermögens in Form der freien Natur und der Infrastruktur, und er müsse die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Einrichtungen wie Ämter, Gerichte, Polizei oder Schulen erhalten. Mit ihren beträchtlichen Steuern und Abgaben sorgen die Bürger dafür, dass all diese Güter und Einrichtungen zur allgemeinen Nutzung zur Verfügung stehen. Ökonomen sprechen von Clubgütern, die üblicherweise nur den Mitgliedern vorbehalten sind. Doch dieses Grundprinzip wird aufgeweicht. Dem Deutschland-Club fehlt der Türsteher, der jeden wegschickt, der für eine Mitgliedschaft nicht infrage kommt. Nun konkurrieren die Bürger mit Flüchtlingen und illegal Eingewanderten um das öffentliche Angebot. Die Folgen zeigen sich überall: Das Schulsystem ist mit den vielen nicht Deutsch sprechenden Kindern überfordert, Kleinkinder werden in den Kitas in übergroßen Gruppen betreut, und Polizei und Gerichte sind ebenfalls überstrapaziert. Überdies verfällt die Infrastruktur, weil trotz hoher Abgabenbelastung das Geld nicht mehr reicht.
Unser Sozialstaat ist ebenfalls nicht auf eine grenzenlose Willkommenskultur ausgelegt. Zwar tragen auch nicht alle Einheimischen gleichermaßen zur Finanzierung bei. Es gibt ein gesellschaftlich akzeptiertes Maß an Umverteilung: Wer stets auf der Sonnenseite lebt, zahlt im Leben mehr in die öffentlichen Kassen ein, als er an sozialen Leistungen zurückbekommt, bei Einkommensschwachen ist es umgekehrt. Dass die ungesteuerte Migration auch auf längere Sicht das öffentliche Finanzsystem nicht entlastet, sondern im Gegenteil belastet, zeigen Berechnungen des Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg. Das Gros kommt ohne ein Jobangebot ins Land und benötigt etliche Jahre, um in Lohn und Brot zu kommen – wenn dies überhaupt gelingt. Außerdem ist das Qualifikationsniveau im Durchschnitt geringer als das der heimischen Bevölkerung und entsprechend auch dauerhaft der Verdienst.
Der Deutschland-Club wird ein ungemütlicher Ort werden, wenn man weiterhin jeden hineinlässt, statt vorab zu prüfen, wer den Club bereichert – und wer nicht. Länder wie Kanada und Australien zeigen, wie das geht.
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