Prof. H.W. Sinn feierte seinen 70. Geburtstag

Prof. Ing. Karel Dyba, CSc, 16. Juni 2018.

Die Konferenz mit dem Titel Die Bundesrepublik nach 70 Jahren und dem Untertitel "Aktuelle und mittelfristige Herausforderungen der Ordnungspolitik" wurde zu Ehren von H.W. Sinn von seinen Schülern und dem CESifo-Institut organisiert. Sie fand am 16. Juni auf der Insel Fraueninsel im Chiemsee statt. Prof. Sinn selbst wählte die Teilnehmer der Konferenz aus, darunter Vertreter der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Politik.

Das Programm der Konferenz bestand aus vier Teilen. Jeder Teil war den wesentlichen wissenschaftlichen Beiträgen von Prof. Sinn zu einem bestimmten Thema gewidmet. Der erste Teil, Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit – Rückblick auf die Agenda 2010, beschäftigte sich mit den Beiträgen von H.W. Sinn zu den wirtschaftlichen Problemen Deutschlands zu Beginn dieses Jahrhunderts, als es der „kranke Mann Europas“ war. Deutschland war zwar sehr erfolgreich im Export (Weltmeister im Export), aber sein Wirtschaftswachstum hinkte den anderen Ländern der EU hinterher, und die Arbeitslosenquote, insbesondere bei geringqualifizierten Arbeitskräften, war außerordentlich hoch. Die Agenda 2010, einschließlich der sogenannten Harz-Arbeitsmarktreformen und der Reformen im sozialen Bereich, führte zu einer höheren Flexibilität des Arbeitsmarktes und einer schrittweisen Verringerung der Arbeitslosigkeit sowie zu einer Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums. H.W. Sinn war einer der Mitarchitekten der Agenda 2010. In seiner Eröffnungsrede betonte Prof. W. Wiegard, dass die Agenda 2010 die bedeutendste wirtschaftspolitische Reform seit der Wiedervereinigung Deutschlands war.

Der Inhalt des zweiten Teils wird aus seinem Titel deutlich: Offene Grenzen und großzügiger Sozialstaat – Flüchtlings- und Migrationskrise. Dies ist ein weiteres Thema, zu dem Prof. Sinn mehrere grundlegende Beiträge verfasst hat, wie unkontrollierte Massenmigration zur Erosion des deutschen Sozialstaats, einschließlich des Rentensystems, führt und was getan werden muss, um diesen Prozess zu stoppen. Einen bemerkenswerten Beitrag zu diesem Thema, der sich durch traditionelle deutsche juristische Präzision auszeichnete, präsentierte H.J. Papier. Sein Fazit lautete, dass unbegrenzte, unkontrollierte und ungeregelte Migration in einem bisher ungekannten Ausmaß die grundlegenden verfassungsrechtlichen Prinzipien des deutschen Staates bedroht.

Ein weiterer Bereich, in dem die Beiträge von H.W. Sinn unverzichtbar sind, ist die Energiepolitik. Insbesondere seine Kritik an den Illusionen der sogenannten Energiewende in Deutschland. Dieser Teil der Konferenz trug den Titel Energiewende – Umweltfreundliche Energie oder fluktuierender Strom und Kostenexplosion? Sinns Antwort auf diese Frage, basierend auf einer gründlichen Analyse der Auswirkungen der politischen Entscheidung zur starken Förderung der sogenannten erneuerbaren Energiequellen (Wind, Sonne usw.) und zur Schließung der Kernkraftwerke, ist eindeutig negativ. Das bedeutet, dass Deutschland zur Gewährleistung einer regelmäßigen Stromversorgung, die jederzeit verfügbar sein muss und nicht durch wetterabhängige Quellen sichergestellt werden kann, Kohle- oder andere Kraftwerke in Bereitschaft halten muss. Das wird außerordentlich kostspielig sein und zu einer Verteuerung des Stroms für Unternehmen und Bürger führen. Politische Entscheidungen, die physikalische und wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten ignorieren, sind immer teuer.

Der abschließende Teil der Konferenz mit dem Titel Europa – so oder so? wurde von H.W. Sinns Nachfolger als ifo-Direktor, Prof. C. Fuest, eingeleitet. Er sprach über zwei Perspektiven der zukünftigen Entwicklung der EU. Auf der einen Seite die „nordeuropäische“ Perspektive, die die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten unter dem Druck des Marktmechanismus betont und die schädlichen Auswirkungen von Umverteilungsmechanismen hervorhebt. Auf der anderen Seite die Perspektive der „südeuropäischen“ Staaten, die krisenanfälliger sind und daher die Risikoteilung und die gemeinsame fiskalische Kapazität mit den verantwortlichen nördlichen EU-Staaten betonen, die ihnen im Falle von Krisen durch fiskalische Transfers helfen soll. Es war Sinn, der aufzeigte, welche Rolle die quasimonetäre Politik der EZB bei der Finanzierung der anhaltenden Leistungsbilanzdefizite des Südens durch die nördlichen EU-Länder, insbesondere Deutschland, durch die sogenannten Target-Salden spielte. Und er wies auf die grundlegenden Konstruktionsfehler bei der Entstehung des Euro hin, die zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der südeuropäischen Länder, einschließlich Frankreich, führten. Gleichzeitig schlug er bestimmte grundlegende Änderungen vor, die die Euro-Falle sowohl für die südlichen als auch für die nördlichen EU-Länder lockern würden. Beide Ländergruppen befinden sich nämlich aus unterschiedlichen Gründen in der Euro-Falle. Eine hervorragende juristische Analyse der Situation, basierend auf einem gründlichen Verständnis der wirtschaftlichen Realität, präsentierte Prof. D. Murswiek.

Nach der Konferenz brachte ein Boot die Teilnehmer zur Herreninsel. Diese ist bedeutend, weil dort vor 70 Jahren die verfassungsgebende Konferenz der Vertreter der drei von den westlichen Alliierten nach dem Krieg verwalteten Zonen stattfand, die die Grundlage für die Gründung der Bundesrepublik Deutschland legte. Es folgte ein abschließendes festliches Abendessen, bei dem der Hauptredner der Staatspräsident Václav Klaus war (so wurde er immer von den bayerischen Gastgebern genannt). Bemerkenswert ist auch, dass Frau G. Sinn die Rede des Präsidenten V. Klaus auf Tschechisch einführte.

Interessierte an den Arbeiten von H.W. Sinn, der der meistzitierte deutsche Ökonom und Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Artikel ist, die komplexe wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Phänomene verständlich erklären, verweise ich auf seine Website www.hanswernersinn.de.