Prof. Dr. Hans-Werner Sinn sprach heuer bei der Verleihung des Houskapreises über den "Green Deal" der EU. "Natürlich ist die weltweite Verringerung des CO2-Ausstoßes notwendig, das stelle ich nicht in Abrede. Aber wir müssen nochmals nachdenken, was von den "grünen Aufgaben" sinnvoll ist und was nicht und welche Projekte überhaupt die gewünschte Wirkung haben", fordert Prof. Hans-Werner Sinn deutlich mehr Augenmaß beim geplanten EU-"Green-Deal" und den jeweiligen nationalen Vorhaben.
"Europa hat keinerlei Einfluss"
Gerade jetzt seien die Staatsbudgets wegen der Corona-Pandemie enorm belastet, sodass alle teuren Eingriffe ins Wirtschaftssystem umso kritischer betrachtet werden müssten. Denn: "Europa hat keinerlei Einfluss. Das Problem ist, dass Öl, Gas und Kohle weltweit handelbar sind. Wenn sich die EU jetzt kasteit und ihren Verbrauch einschränkt, dann wird das Erdöl eben anderswohin geliefert und verbraucht, und das zu günstigen Kosten, weil jetzt der Preis sinkt. Es bleibt kein Barrel Öl im Boden. Der Effekt unserer Einschränkung ist daher Null, wir laden aber neue Kosten auf uns."
Prof. Sinn sieht die Gefahr von zunehmendem Dirigismus, um die Nachfrage nach Energie bei uns einzuschränken. Zur CO2-Reduktion technische Maßnahmen, effizientere Maschinen, Verbrauchsbeschränkungen usw. vorzuschreiben "ist zu kurz, weil von der Nachfrage her gedacht. Man muss aber vom Angebot her denken."
Hebel ist umfassender Emissionshandel
Der Hebel dazu ist "selbstverständlich ein umfassender Emissionshandel über alles, also durch einen einheitlichen CO2-Preis für Verkehr, Wärme usw." Derzeit würden vorwiegend Industrie und Stromerzeugung einbezogen, obwohl etwa Strom nur ein Fünftel unseres gesamten Energieverbrauchs ausmacht.
Parallel dazu kommt der Wissenschaft nun wachsende Bedeutung zu. "Die Energiewende ist zweifellos notwendig, das spricht dafür, die Forschung zu fördern. Die Unis sind dabei mit Steuermitteln ausgestattet und stellen dann ihr Wissen zur Verfügung. Besonders effizient ist dabei aber die anwendungsorientierte Forschung. Sie kommt mit weniger Förderung aus, weil aus ihr ja schon ein Marktergebnis zu erwarten ist und sie daher einen Vorsprung am Markt schafft.