Zeit online, Blog Herdentrieb, 11. Februar 2012.
Dieser Kommentar gibt einen nützlichen Link auf einen US-amerikanischen Blog zur Target-Problematik. Der Blog bestätigt, anders als es jmg suggeriert, in aller Deutlichkeit, dass die District-Feds die Salden in den USA einmal im Jahr mit Wertpapieren begleichen müssen, die sie nicht selbst schaffen können. Genau das ist der Punkt, und darauf hatten Timo Wollmershäuser und ich in unserem Paper ja hingewiesen (http://www.cesifo-group.de/DocDL/IfoWorkingPaper-105.pdf, S. 48-51). Dass man am Jahresende “glattstellen” müsse, haben wir nicht gesagt. Das ist eine Überinterpretation von jmg. Der von jmg zitierte US-Blog beschreibt korrekt, dass eine District-Fed immer nur den durchschnittlichen Zuwachs des von ihrem Territorium abgeflossenen Geldbestandes während des letzten Jahres mit Wertpapieren begleichen muss. Das impliziert, dass nach der Begleichung der Target-Salden am Ende des Rechnungsjahres die Abweichung zwischen dem Endbestand und dem Jahresdurchschnitt weiter gestundet wird. Bei einer gleichmäßigen Entwicklung der Geldabflüsse bleibt also im Schnitt der Nettoabfluss eines halben Jahres als Kredit stehen. Ich halte das für eine sehr nützliche Regelung, weil sie Target-Salden prinzipiell zulässt, um so den Zahlungsverkehr zu sichern, aber ihre Größe doch auch sehr wirksam begrenzt. Das ist ein fundamentaler Unterschied zum europäischen System, wo man die Target-Schulden ewig wachsen lassen kann, ohne sie jemals tilgen zu müssen.
Der Unterschied erklärt, warum die Summe der Target-Überschüsse (Bruttosalden) in den USA derzeit bei 300 Mrd. US-Dollar liegt, während sie in der Eurozone schon auf gut 800 Mrd. Euro gestiegen ist, obwohl die Finanzkrise ihren Ursprung in den USA statt in Europa hat. In den USA liegt der Anteil der Target-Überschüsse bei 2% des BIP, in der Eurozone liegt er bei 8,5% des BIP. Mit den neuen Krediterleichterungen der EZB, die praktisch nur den peripheren Ländern zu Gute kommen, wird der Anteil vermutlich auch in Zukunft noch weiter ansteigen, wenn man nicht Eurobonds oder ähnliche Konstruktionen einführt, die den Geldfluss in die Peripherie über private Kanäle subventioniert, was im März passieren könnte.
Wenn die Bundesrepublik keine Neuverhandlung der EZB-Regeln verlangt, wird sie immer mehr erpressbar, weil jeder weiß, dass sie ihre Forderungen gegen das EZB-System mangels Rechtsgrundlage nicht wird eintreiben können, sollte der Euro zerbrechen. Die Eurobonds lassen sich dann politisch nicht mehr vermeiden. Dann bleibt nur noch die Hoffnung, dass die politischen Schuldendgrenzen greifen.
Schon heute machen die Target-Forderungen der Bundesrepublik die Hälfte des Nettoauslandsvermögens der Bundesrepublik Deutschland aus. Unsere Exportüberschüsse in die anderen Länder des Euroraums wurden in der Summe der vier Jahre 2008 – 2011 ausschließlich mit anderswo frisch gedrucktem Geld bezahlt statt, wie es üblich ist, mit normalen Vermögenstiteln wie Immobilien, Aktien, Wertpapieren oder Schuldscheinen.
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