Zu "Ökonomische Effekte der Migration" (F.A.Z. vom 29. Dezember): Hans-Werner Sinn schildert in unübertrefflicher Klarheit die Fakten und Wirkungen der Migration auf Arbeitsmärkte und öffentliche Haushalte. Vor allem rückt er zwei grotesk verzerrt durch manche Medien gepeitschte Aussagen in die angemessene Perspektive: Erstens gilt seine eigene Aussage, es würden 32 Millionen Zuwanderer benötigt, nur in dem Rechenbeispiel, dass das Zahlenverhältnis von "Alten" zu "Jungen" und damit von Rentenniveau und Beitragssätzen auf dem heutigen Niveau bleiben.
Zweitens trifft die Aussage des Arbeitsmarktforschers Holger Bonin, dass Ausländer den öffentlichen Haushalten pro Jahr durchschnittlich 3300 Euro mehr an Steuern und Beiträgen bringen als sie Sozial-, Bildungs- und Förderausgaben kosten, nur dann zu, wenn man den Ausländern keinerlei allgemeine Ausgaben öffentlicher Haushalte für Infrastruktur, innere und äußere Sicherheit und Verwaltung zurechnet (wenn man sie diesbezüglich also nicht wie im Inland lebende Personen zählt). Das Ifo-Institut hat die Rechnung Bonins um den Anteil der Ausländer an den allgemeinen öffentlichen Ausgaben ergänzt, wodurch sich der in den Medien gepriesene Überschuss in ein Defizit von 1450 Euro jährlich verwandelt. Die Rechnungen und deren Ergebnisse würden deutlich anders aussehen, wenn sie nicht jahresbezogen durchgeführt würden, sondern wenn man von Bestandsveränderungen ausginge.
Eine Volkswirtschaft hat in der Vergangenheit Bestände und Eigentum nicht nur an Infrastrukturkapital, sondern auch an Humankapital und an Sozialkapital gebildet, die die Eigenschaften klub-kollektiver Güter haben. Es sind die positiven und die negativen Beiträge zu diesen Beständen, die in eine Nutzen-Kosten-Rechnung für Immigranten oder auch für Emigranten einbezogen werden sollten. Dadurch könnten Eigenheiten und Unterschiede einzelner Gruppen von Migranten besser berücksichtigt und gesamtwirtschaftlich gewichtet werden.