Interview

Interview mit Hans-Werner Sinn, RWE Business Club, 22.02.2006

Herr Professor Sinn, wie hat Ihnen die Atmosphäre beim RWE Business Club gefallen?

Prof. Sinn: Es war eine angenehme Stimmung mit einem sehr interessierten und klugen Publikum.

Wie bewerten Sie die vorgezogene Erhöhung des Rentenalters?

Das ist eine notwendige Maßnahme, die allerdings lange nicht ausreichen wird. Um das Rentensystem zu reformieren, müsste das Riester-Sparen zur Pflicht für alle werden. So vermeidet man Trittbrettfahrertum. Außerdem befürworte ich die Einführung einer Kinderrente. Eltern sollten eine Zusatzrente erhalten, die sich nach der Zahl der Kinder richtet. Diese Rente sollten gerade auch Mütter erhalten, die nie berufstätig waren. Die Kinderrente wäre auch ein Signal, mehr Kinder zu kriegen.

Apropos Familienpolitik: Würden Sie von der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten ein positives Signal für den Arbeitsmarkt erwarten?

Erstens befürworte ich das aus Gründen der Gerechtigkeit: Die Gesellschaft beutet die Familien aus. Kinder sind die Basis von allem. Zweitens wird das den Kinderwunsch stärken. Drittens wird den Frauen der Schritt in die Beruftätigkeit erleichtert.

Wann wird sich der Konjunkturaufschwung auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen?

Der Aufschwung zeigt sich schon seit dem letzten Sommer. Erstmals seit fünf Jahren nimmt die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wieder zu.

Wie wird sich die Konsumneigung 2006 entwickeln?

Positiv. Die Schaffung von mehr Stellen wirkt sich grundsätzlich positiv auf die Konsumneigung aus. Das wiederum schafft neue Kräfte zum Aufschwung. Starke Effekte in dieser RIchtung erwarte ich allerdings nicht. Derweil wird die Konjunktur vom Export und von der Nachfrage nach Investitionsgütern getragen.

Käme für Sie eine Karriere in der Politik in Frage?

Nein. Das Beispiel des „Professors aus Heidelberg“ hat ja gezeigt, was passieren kann wenn Professoren Politik machen. Politiker und Professoren benötigen unterschiedliche Fähigkeiten. In der Politik spielt die Emotionalität eine ähnlich große Rolle wie in der Werbeindustrie. Als Professor beschäftigt man sich jedoch nüchtern und sachlich mit Problemlösungen. Das Emotionale versucht man unter allen Umständen zu vermeiden. Politik und Wissenschaft beißen sich.