Ifo-Präsident Sinn über das Konjunkturpaket
Mit Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts, sprach Rasmus Buchsteiner
Die deutsche Wirtschaft bricht ein. Im letzten Quartal 2008 gab es offenbar bereits ein Minus von bis zu zwei Prozent. Wird 2009 ein schwarzes Jahr für Unternehmen und Beschäftigte?
Sinn: Die neuen Zahlen sind noch schlimmer, als was bislang vermutet worden war. 2009 wird ein äußerst schwieriges Jahr, die schärfste Rezession der Nachkriegsgeschichte. Wir prognostizieren, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 2,2 Prozent schrumpft, und zwar mit dem Konjunkturpaket der Bundesregierung, von dem wir für sich genommen für 2009 einen Wachstumseffekt von etwa 0,7 Prozent erwarten. Das wird sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Durch die vereinbarten Maßnahmen wird der Stellenabbau um etwa 250 000 kleiner werden als es sonst der Fall gewesen wäre, aber dennoch werden in einem Jahr etwa eine halbe Million zusätzlicher Arbeitsloser zu beklagen sein.
Ist das Konjunkturpaket ausgewogen, richtig und konsequent?
Sinn: Die Richtung stimmt im Großen und Ganzen. Wir haben eine keynesianische Krise, und die muss man mit keynesianischen Mitteln bekämpfen. Insofern einmal ein grundsätzliches Lob der Bundesregierung. Dass jetzt massiv in die öffentliche Infrastruktur investiert wird, ist konsequent. Hier liegt der wichtigste Hebel zur Stärkung der Wirtschaft. Die Bauinvestitionen werden nämlich zunächst einbrechen. Erst danach wird der Konsum folgen. Im Übrigen: Infrastrukturmaßnahmen haben auch langfristig positive Effekte für die Wirtschaft. Konsum vernichtet Güter, durch Investitionen werden Güter und Werte bewahrt.
Wie beurteilen Sie die Maßnahmen zur Stärkung der Automobilindustrie? Zum Beispiel die Abwrackprämie, für die mehr als 16 Millionen ältere Autos in Deutschland infrage kämen?
Sinn: Ich halte die Abwrackprämie für pervers, weil sie Anreize setzt, ökonomische Werte zu vernichten. Es geht hier um Autos, die neun Jahre alt sind. Wo da die Ratio liegen soll, ist mir schleierhaft. Deutsche Autos sind nach neun Jahren noch lange keine Schrottkisten, die man vernichten muss. Und denken Sie nur an die Umweltbelastung, die bei der Produktion der neuen Autos entsteht. Für die Umwelt ist es vermutlich besser, wenn man die alten Autos weiter fährt, auch wenn sie etwas mehr Sprit als neue verbrauchen. Sollen die Deutschen jetzt etwa zu einer Wegwerf-Gesellschaft werden, nur um die Konjunktur zu stützen?
Eine große Steuerreform rückt jedoch in weite Ferne, denn der Staat bricht für das Konjunkturpaket II alle Schuldenrekorde ...
Sinn: Konjunkturprogramme sind immer Schuldenprogramme. Sonst wirken sie nicht. Das für sich genommen sollte man nicht kritisieren.