Statt einzelner EU-Verordnungen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes solle lieber ein Einheitspreis für eine Tonne CO2 über alle Sektoren hinweg festgesetzt werden. Das forderte der deutsche Ökonom und ehemalige Leiter des Ifo-Instituts Hans-Werner Sinn im Rahmen der Diskussionsreihe des Finanzministeriums "Finanz im Dialog". Dadurch würde der Ausstoß optimiert und gesenkt werden, ohne dass man starke Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit und beim Wohlstand hinnehmen müsse.
Österreich plant im kommenden Jahr, wie im Regierungsprogramm verankert, die Umsetzung einer öko-sozialen Steuerreform. Darin enthalten ist wohl auch eine CO2-Bepreisung. In welcher Form und wie hoch diese ausfallen wird, ist aber noch unklar. Auch die EU plant im Zuge der Umsetzung ihrer Klimaziele, den Ausstoß von Treibhausgasen künftig stärker zu bepreisen. "Die öko-soziale Steuerreform ist kein Vorpreschen Österreichs. Unser Modell wird sich auch ins EU-System integrieren lassen", sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Rahmen der Veranstaltung.
"Der Kampf gegen den Klimawandel ist notwendig und unbestritten", so Sinn. Allerdings äußerte der Ökonom Bedenken, was die 1,5-Grad-Ziele im Pariser Abkommen anbelangt, diese seien zu "ambitioniert". Zudem könnte der ehrgeizige Weg der EU-Staaten ein Wettbewerbsnachteil sein, weil andere große Volkswirtschaften hier nicht mitziehen und dort über verbilligte, in Europa nicht nachgefragte fossile Rohstoffe mehr und billigeren Aufschwung samt CO2-Ausstoß generieren.
Zur Frage, wie eine Bepreisung von klimaschädlichem Verhalten sozial gerecht ausgestaltet werden soll, schlug Sinn eine Umverteilung der Einnahmen in Richtung betroffener Haushalte und Bevölkerungsgruppen vor.
Die EU-Klimaziele, bis 2050 CO2-neutral zu sein und bis 2030 die Emissionen um 55 Prozent zu senken, sind im internationalen Vergleich recht ambitioniert. Allerdings gab es in den vergangenen Monaten vor allem in den USA und China ein Umdenken in Richtung mehr Klimaschutz. Die Biden-Administration hat es sich bis 2030 zum Ziel gesetzt, den Treibhausgas-Ausstoß zu halbieren. Ein beachtlicher Teil des zwei Billionen schweren Aufbauprogramms fließen in den Klimabereich und der Erneuerung veralteter Infrastruktur. Und auch China hat angekündigt, bis 2060 klimaneutral zu werden.(del)
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