Nachdem der Festakt zur Verleihung des Karl-Hermann-Flach-Preises im November 2020 und auch im Folgejahr aufgrund der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden konnte, nahm der langjährige Präsident des Münchner ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, nun am vergangenen Montag (25. April 2022) die Auszeichnung entgegen.
Die Pandemie hatte es lange Zeit verhindert – umso größer war nun die Freude als der Vorstandsvorsitzende, Dr. Frank Blechschmidt, und der stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates, Stefan Müller MdL, die Urkunde im Rahmen einer Feierstunde in Bad Homburg v. d. Höhe übergeben konnten.
Die Karl-Hermann-Flach-Stiftung würdigt mit dem Karl-Hermann-Flach-Preis das herausragende wissenschaftliche und publizistische Lebenswerk von Hans-Werner Sinn im Sinne der publizistischen Tätigkeit und des Engagements ihres Namensgebers Karl-Hermann Flach, einst stellvertretender Chefredakteur der Frankfurter Rundschau und erster Generalsekretär der FDP.
Der Wirtschaftswissenschaftler und Autor Hans-Werner Sinn, geboren 1948 in Brake (bei Bielefeld), ist emeritierter Hochschullehrer an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 1999 bis 2016 leitete er als Präsident das ifo Institut für Wirtschaftsforschung. Von 2017 bis heute ist er ständiger Gastprofessor an der Universität Luzern und zum Jahreswechsel 2019/2020 übernahm er die Leitung des ordnungspolitischen Ausschusses des Wirtschaftsrates Bayern. Sein neuestes Buch „Die wundersame Geldvermehrung: Staatsverschuldung, Negativzinsen, Inflation" erschien im November 2021.
„Gezielt und analytisch brillant hat sich Sinn stets in gesellschaftlich relevante Diskussionen eingebracht und meisterhaft den Brückenschlag von der Wissenschaft in den öffentlichen Diskurs vollzogen", begründete Blechschmidt die Entscheidung für den Preisträger. Frank Blechschmidt: „Hans-Werner Sinn ist ein außergewöhnlicher Wissenschaftler, der auch mit unbequemen Argumenten im besten Sinne einer positiven Debattenkultur nie hinter dem Berg gehalten hat. Er überzeugt dabei nicht zuletzt durch seinen Pragmatismus und seinen immerwährenden Einsatz für die Freiheit in vielfacher Hinsicht." Gleichzeitig verstehe es Sinn, volkswirtschaftliche Zusammenhänge und Theorien auch für den Laien verständlich zu machen, so Blechschmidt, der Sinn als eine wichtige mahnende Stimme in der öffentlichen Debatte bezeichnete.
In seiner Laudatio würdigte der Frankfurter Publizist und Journalist, Dr. Rainer Hank, Sinn als „einen Public Intellectual“, der es versteht, die Themen zuzuspitzen: „Er hat eine Spürnase für Aktualität und Relevanz, eine Gabe. Stets hat er sich prominent in die öffentliche Debatte eingemischt. Seine publizistische Umtriebigkeit versteht er als Einlösung einer Bringschuld des Ökonomen gegenüber der Gesellschaft. […] Sinn ist ein Mahner und Warner, kein Prophet. Seine Bücher versteht er als ‚medizinische Bücher‘. Er liefert Diagnose und Therapie.“
Prof. Sinn betätigte sich in seiner Dankesrede dann auch als mahnender Ökonom und wies darauf hin, dass Deutschland schwierige Jahre bevorstehen. Die steigenden Energiepreise im Verein mit einem Rückgang der Arbeitsbevölkerung aus demographischen Gründen stellen nach seiner Meinung eine Gemengelage dar, die eine Weiterentwicklung des Wohlstands nach dem Muster der Vergangenheit erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Angesichts der allgemeinen Überforderung des Staates, der dagegen nichts wird unternehmen können, kann man den jungen Menschen nur raten, sich auf die traditionellen Werte der Familie zurückzubesinnen und die Basis dafür zu schaffen, mit eigenen Kindern alt zu werden.
Prof. Sinn kritisierte den kurzsichtigen Grundansatz der deutschen Energiepolitik, die mit dem Doppelausstieg aus Kohle und Kernenergie eine gefährliche Abhängigkeit von Russland geschaffen hat. Auf den wetterabhängigen Wind- und Sonnenstrom zu setzen hat zwingend den Bau neuer Gaskraftwerke impliziert, um in den vielen Dunkelflauten die Stromversorgung des Landes zu sichern, doch ist dieses Modell nun krachend an Putin gescheitert. Nur mit Hilfe einer Rückbesinnung auf die Kernkraft als einzige regelbare und CO2-freie Stromquelle kann Deutschland sich aus der Falle befreien, in die es sich und die EU bugsiert hat.
Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde zuletzt 2017 an den britischen Historiker und Publizisten, Timothy Garton Ash, 2015 an die Osteuropa-Korrespondentin Sabine Adler (Deutschlandfunk), 2013 an den Wirtschaftsjournalisten Rainer Hank (F.A.S.), 2012 an die freie Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld und 2010 an den Autor und Kolumnisten Jan Fleischhauer (FOCUS) vergeben.
Mehr Informationen auf www.karl-hermann-flach-stiftung.org.
Laudatio:
von Dr. Rainer Hank: "Der Weitsichtige"
Berichterstattung in der Presse:
"Ein unbequemer Zeitgenosse - im besten Sinne", Taunus-Nachrichten, 27. April 2022, S. 8.