Topökonom Sinn: Renteneintrittsalter alle acht Jahre erhöhen

David Grzeschik, Rheinische Post online, 31. Juli 2023 und auf Trierischer Volksfreund.de.

Einer Befragung zufolge können sich viele Menschen vorstellen, im Ruhestand weiterzuarbeiten. Aus Sicht von Hans-Werner Sinn ist das verständlich, weil viele heutzutage im Alter gesünder seien. Der Ökonom schlägt nun vor, das gesetzliche Rentenalter zu erhöhen – und zwar alle acht Jahre aufs Neue.

Nach der Arbeit ist vor der Arbeit: Viele Beschäftigte denken offenbar an eine berufliche Tätigkeit nach Eintritt in den Ruhestand. So könnten sich 43 Prozent der Befragten vorstellen, auch nach Rentenbeginn in Teilzeit tätig zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung des Kölner Marktforschungsunternehmen Bilendi, die diese im Auftrag der Königsteiner Gruppe unter Beschäftigten im Alter zwischen 50 und 65 Jahren durchgeführt hat. Für 17 Prozent wäre demnach sogar eine Vollzeit-Beschäftigung ein denkbarer Weg. Sollte das die Politik ermutigen, das Renteneintrittsalter weiter anzuheben?

Der Ökonom und Wirtschaftsweise Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum sieht das zweigeteilt. „Arbeiten wollen sehr viele noch, aber sie wollen es nicht müssen“, sagt er unserer Redaktion. Er vermutet, dass es bei einer Erhöhung des Renteneintrittsalters viel Widerstand geben würde. „In unserer demografischen Situation werden wir allerdings nicht darum herumkommen, das gesetzliche Rentenalter langsam weiter anzuheben, wenn es 2031 wie vorgesehen 67 Jahre erreicht und die Lebenserwartung weiter ansteigt“, sagt er. Sein Vorschlag wäre daher, Lebenserwartung und Renteneintrittsalter zu verknüpfen, sodass „man von jedem zusätzlich zu erwartenden Lebensjahr acht Monate länger arbeitet und vier Monate länger Rente bezieht.“

Angesprochen auf die Befragung betont der Ökonom und ehemalige Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, dass die Menschen im Alter heute sehr viel gesünder seien als früher. Daher sei es verständlich, dass sie nicht abrupt von 100 auf null Prozent gehen wollten, erklärt Sinn auf Anfrage unserer Redaktion. Weiter gibt er zu bedenken: „In einer Reihe wichtiger Länder, so zum Beispiel den USA und Schweden, gibt es deshalb kein gesetzliches Rentenalter. Jeder kann so lange arbeiten, wie er will.“ Wolle man „unbedingt ein gesetzliches Rentenalter mitsamt der darin liegenden Diskriminierung der Älteren beibehalten“, sollte dieses parallel zum durchschnittlichen Sterbealter steigen. „Da letzteres alle acht Jahre um etwa ein Jahr zunimmt, könnte man das gesetzliche Rentenalter alle acht Jahre um ein Jahr erhöhen“, schlägt Sinn vor.

Glaubt man der Statistik, denken viele Menschen ohnehin, dass die Arbeitszeit weiter ansteigen wird. So geht mehr als die Hälfte der Befragten davon aus, dass in puncto Renteneintritt die Marke von 70 Jahren innerhalb der nächsten drei bis acht Jahre erreicht wird. Populär wäre eine solche Erhöhung allerdings nicht: Laut Umfrage würden nur vier Prozent der Befragten einen solchen späten Ruhestand für sich selbst sehen.

Nachzulesen auf www.rp-online.de und auf www.volksfreund.de.