Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 216, 1997, S. 672-692, CES Working Paper Nr. 132, März 1997, Symposium aus Anlaß des fünfjährigen Bestehens des ZEW Mannheim, März 1997.
Zusammenfassung
Die für 1997 in Deutschland geplante Steuerreform ist durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen und eine Senkung der Steuersätze gekennzeichnet. Aufgrund theoretischer und empirischer Uberlegungen wird gezeigt, daß diese Reform positive Wohlfahrtseffekte für Deutschland hat, die allerdings teilweise auf paradoxe Weise zustande kommen. Das Papier unterscheidet zwischen Investitionen, deren Erträge nach dem Quellenlandprinzip (z.B. Direktinvestitionen), und Investitionen, deren Erträge nach dem Wohnsitzlandprinzip besteuert werden (normale Investitionen, die auf dem Wege über die Finanzmärkte mit dem Ausland verbunden sind). Die Investitionen des ersten Typs werden durch die deutsche Reform trotz der geringfügigen Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen, die mit ihr einhergeht, bessergestellt. Die Investitionen des zweiten Typs werden jedoch diskriminiert, weil sowohl die Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen als auch die Senkung der Steuersätze zu einer Erhöhung der Kapitalkosten führt. Letzteres ist ein im Aufsatz empirisch ermitteltes Ergebnis, das seine theoretische Erklärung im Phänomen der Abschreibungsbeschleunigung hat (Steuerparadoxon). Die Anreizwirkungen beider Investitionstypen sind wohlfahrtserhöhend, obwohl sie in unterschiedliche Richtungen laufen. Der Grund liegt darin, daß die Reform in beiden Fällen die Lücke zwischen den sozialen Erträgen und den sozialen Kosten der Investition schließt. Sowohl eine anfangs vorliegende Diskriminierung der Investitionen des ersten Typs als auch eine anfangs vorliegende Subventionierung der Investitionen des zweiten Typs wird zurückgenommen.