- In vielen Regionen Deutschlands sind Immobilien kaum noch bezahlbar. Die Preise sind in der Corona-Krise weiter explodiert.
- Die Geldpolitik der EZB mit niedrigen Zinsen und ständig wachsender Geldmenge ist laut Experten ein Grund für die steigenden Immobilienpreise.
- Die wachsenden Staatsschulden und die größer werdende Geldmenge werden wahrscheinlich nicht nur für den Immobilienmarkt Folgen haben.
Seit 5 Jahren sucht ein Lehrer-Ehepaar in der Pfalz schon ein Haus. 150 Häuser haben sie erfolglos besichtigt, obwohl beide ein relativ hohes Einkommen haben und verbeamtet sind. Sogar 1.500 selbstentworfene Handzettel haben sie bereits eingeworfen. Der ausbleibende Erfolg ist für die beiden ernüchternd.
Häuser kaum noch bezahlbar
Anfangs dachten sie, mit 400.000 Euro würden sie ein schönes Häuschen in der Nähe von Ludwigshafen finden. Mittlerweile haben sie auf 750.000 Euro aufgestockt. Doch auch dafür ist nichts dabei. Die Immobilienpreise gingen immer weiter nach oben, nicht nur in dieser Region.
In den vergangenen fünf Jahren sind im Bundesdurchschnitt die Immobilienpreise für selbstgenutztes Eigentum um 38 Prozent gestiegen. Gleichzeitig stieg das Realeinkommen gerade mal um 1,1 Prozent. Das bedeutet, man bekommt immer weniger Haus oder Wohnung für sein Geld.
Die rasant steigenden Immobilienpreise sind für den Finanzexperten Thomas Mayer vor allem ein Resultat der Zins- und Geldpolitik der Europäischen Zentralbank: "Wenn Immobilien aufgrund niedriger Zinsen und viel im Umlauf befindlichen Geld attraktiv werden, dann übersteigt die Nachfrage das Angebot. Der Zinsverfall, der schon seit der Finanzkrise 2007/2008 zu beobachten war, hat solche realen Vermögenswerte wie Immobilien befördert… "
Schuld bei der Geldpolitik der EZB?
In Folge der Finanzkrise begann die Europäische Zentralbank EZB Staatsanleihen im großen Stil zu kaufen, pumpte viel Geld in den Markt. Die Geldmenge im Euroraum wuchs von 858 Milliarden auf rund 3.127 Milliarden Euro bis Anfang 2020. Gleichzeitig sank der Leitzins von 4,25 Prozent auf null Prozent.
Die großzügige EZB-Geldpolitik hilft vor allem verschuldeten Staaten. Doch sie hat auch Nebenwirkungen. Der ehemalige ifo-Präsident Prof. Hans Werner Sinn sieht die Geldschwemme seit Jahren kritisch: "Die niedrigen Zinsen führen zu Fluchtreaktionen aus festverzinslichen in irgendetwas, was noch Erträge bringt. Das sind also Häuser, Immobilien zum Beispiel. Die Folge ist freilich, dass dort die Preise in den Himmel gehen, so teuer werden, dass man sich Immobilien als normale Familie gar nicht mehr leisten kann. Ja, da sehen wir schon eine Art von Inflation Es ist keine Inflation der neu produzierten Güter. Aber es ist eine Inflation der Vermögensgüterpreise, ähnliches beim Aktienmarkt."
Und wegen der Corona-Krise weitet die EZB ihr Anleihenprogramm noch weiter aus, hat zahlreiche Nothilfen aufgelegt: PEPP, APP, PELTRO, sowie TLTRO III: Die wenigsten Menschen wissen überhaupt, was dahintersteckt. Die neuaufgelegten Corona- Programme der EZB, erweitern die Geldmenge noch einmal deutlich.
Vor einem Jahr kündigt sie einen Ankauf weiterer Anleihen in Höhe von 750 Milliarden Euro an, nur drei Monate später nochmals 600 Milliarden und zum Jahreswechsel weitere 500 Milliarden. Insgesamt haben die Ankaufprogramme ein Volumen von mittlerweile 1.850 Milliarden Euro.
Seit 2008 hat sich die Geldmenge im Euroraum damit versechsfacht. Die Politik der EZB, nur immer mehr günstiges Geld für günstige Kredite in den Markt zu pumpen, sei eigentlich keine Lösung, erläutert Volkswirt Thomas Mayer: "Also ich denke, dass diese Politik schon vor einiger Zeit an ihr Ende gekommen ist. Letztendlich kann man zwar mit diesem Geld die Leute beglücken, aber ob sich die Leute da noch was dafür kaufen können, das ist jetzt die große Frage. Also die Zinspolitik war schon vorher an ihr Ende gekommen. Jetzt versucht man, durch monetäre Finanzierung das Geld über die Staaten unter die Leute zu bringen. Und jetzt stellt sich letztlich die Frage, wird dieses Geld überhaupt werthaltig bleiben?"
Die Folgen der Geldflut bekommt die Lehrerfamilie bereits zu spüren. Sie würde zwar einen günstigen Kredit bekommen, doch sie müsste sich für ein Haus auch deutlich höher verschulden. Außerdem übersteigen die Immobilienpreise inzwischen mehr und mehr den Realwert der Immobilie. Am Anfang der Corona-Krise habe die Familie noch die Auswirkungen der Krise abwarten wollen, ob eine Blase platzt. Doch tatsächlich seien die Preise unter Corona explodiert. Inzwischen ärgern sich die Beiden, dass sie nicht schon vor ein paar Jahren irgendwo zugeschlagen haben.
Zwar behauptet die EZB, ihre Maßnahmen würden allen Familien, Unternehmen, Banken und Regierungen gleichermaßen zugutekommen. Doch tatsächlich erhöht sie nur den Schuldenberg. Finanziert so auch Firmen, die sonst längst pleite wären und vor allem Staaten, kritisieren Experten wie Thomas Mayer: "Wir sind schon seit einiger Zeit auf einer schiefen Ebene, was die Aufstellung der EZB, aber auch der Europäischen Kommission angeht. Wenn man die Verträge ernst nimmt, die man mal geschlossen hat für die Arbeitsweise der EZB und die Arbeitsweise der Europäischen Kommission, dann kann man eigentlich diese Aktivitäten, die wir in der letzten Zeit gesehen haben, nicht mehr rechtfertigen. Die EZB druckt Geld, das die Staaten ausgeben. Das ist ja eigentlich in den Statuten verboten."
Schon im vergangenen Jahr wurde das Anleiheprogramm vom Bundesverfassungsgericht gerügt: Die EZB würde die wirtschaftspolitischen Auswirkungen ihrer Politik völlig ausblenden und die Geldpolitik sei unverhältnismäßig. Folgen hat das allerdings keine.
Im Gegenteil: Nun werden die Geldschleusen nochmal weiter geöffnet. Und der Ausstieg aus der Geld- und Schuldenspirale werde immer schwieriger, wie Volkswirt Thomas Mayer weiter kritisiert: "Jetzt sind wir da in einer schwierigen Situation, in einem Dilemma. Auf der einen Seite sollten, wenn die Wirtschaft sich erholt, die Zentralbanken die Zinsen wieder erhöhen. Aber aufgrund dieser Politik haben wir einen solchen Schuldenberg aufgebaut, dass sie sich womöglich davor scheuen, das zu tun, weil sie befürchten müssen, dass die Immobilienpreise wieder herunterfallen, dass die Aktienpreise runterfallen, dass wir die nächste Finanzkrise, Bankenkrise, womöglich sogar Wirtschaftskrise bekommen."
Den riesigen Schuldenberg, der durch die EZB-Politik gerade angehäuft wird, den werden nicht erst die zukünftigen Generationen abbezahlen müssen. Schon heute zahlen wir alle den Preis der Niedrigzinsen.
Den vollständigen Beitrag finden Sie hier: www.daserste.de.